"Ja, wer hat denn da so eine feine Wurst gemacht?" - in den Genuss dieser euphorischen Begrüßung käme eher der Hund meiner Schwester bei der Rückkehr nach einem Spaziergang, als mein Vater mit der Weißwurst aus unserer letzten Produktion im Gepäck.
Diese erste Weißwurst-Qualitätskontrolle durch die Familie hat eine lange Tradition. Zu seiner aktiven Zeit als Metzgermeister, stellte mein Vater jedes Jahr im Dezember die beliebte Schlesische Weihnachtsweißwurst her. Die Produktion startete ab Mitte Dezember, steigerte sich langsam, um kurz vor Heiligabend Ihren Höhepunkt zu finden - sowohl quanti- als auch qualitativ.
Man könnte auch sagen, dass hin und wieder eine Charge nicht ganz so perfekt wurde und dem Geschmackstest der Familie nicht standhielt. Der Testablauf war immer ähnlich und unterschied sich nur durch die Ankündigung meines Vaters. Wenn er extrem fröhlich, also fast schon nervig gut gelaunt, aus dem Schlachthaus in unsere Küche tänzelte und in leichtem Singsang trällerte: "So. Jetzt probiert mal DIESE Weißwurst", wussten wir schon vor der Geschmacksprobe, dass sie super geworden ist. Sagte er dagegen so etwas wie: "Probiert Ihr mal und sagt, was ihr denkt", war eigentlich schon von vornherein klar, dass die Wurst keine Begeisterungsstürme auslösen würde.
Mittlerweile genießt mein Vater seinen Ruhestand und so treffen wir uns hin und wieder in meiner Kochschule, um dort kleine Mengen an Wurst zu produzieren. Bei jedem Treffen frage ich mich, was an dem Wort "kleine" falsch zu verstehen ist, sobald er seine Tüten mit Rückenspeck und Schweinedärmen auspackt. Trotzdem legen wir stets mit großem Elan los. Bis zur ersten Qualitätskontrolle.
Eine Weißwurst mit sehr feinem Brät, ist die Königsdisziplin des Wurstens. Mett in einen Darm stopfen kann jeder, aber eine Mischung aus Eis, Fett und Eiweiß so fein zu verarbeiten, dass alles später nach dem Erhitzen eine glatte und stabile Emulsion ergibt, trennt Mann von Maus. Je feiner das Brät, desto größer die Herausforderung bei der Zubereitung. Vor allem, wenn einem nur semi-professionelle Geräte zur Verfügung stehen.
Rezept für Schlesische Weihnachtsweißwurst
800 g Kalbfleisch aus Schulter oder Nacken - grob gewürfelt und von großen Sehnen befreit
200 g Schweinerückenspeck - grob gewürfelt
250 g Eisschnee
Das Fleisch und der Speck sollten möglichst kalt, jedoch nicht gefroren sein.
3 g Kutterhilfsmittel (Diphosphat)
20 g Kochsalz
Gewürze
15 g Zitronenabrieb
4 g weißer Pfeffer
3 g Muskatblüte
je 1 g Cardamom und Koriandersaat
je 0,5 g Zimt, Ingwer, Nelken und Piment
Sofern die Gewürze ganz sind, diese fein mahlen.
Kalbfleisch und Speck separat mit der feinsten Scheibe (1-2 mm) wolfen. Das Kalbfleisch mit Salz, Diphosphat und den Gewürzen mischen und sehr fein kuttern. Währenddessen nach und nach den Rückenspeck und das Eis zugeben. Die Masse muss eine glatte und zähe Emulsion ergeben. Ein Klumpen von ca. 200 g sollte unter der Handfläche kleben bleiben. Die Temperatur mit einem Thermometer überprüfen, zum Schluss der Verarbeitung sollte das Brät ca. 17 °C warm sein.
Die fertige Masse mit einem Wurstfüller in Schweinedärme füllen und zu Würsten mit ca. 80 g Inhalt abdrehen. Je zwei Stück ergeben das perfekte Paar und dürfen nicht getrennt werden.
Bei 70 °C im Wasserbad oder Dampf etwa 30 min. garen und anschließend in brauner Butter anbraten. Mit Sauerkraut, Brot und süßem Senf servieren. Es kann so einfach sein. Ist es aber nicht.
Leider hatte unsere Wurst nicht die perfekte Konsistenz. Bei einem Testwürstchen, das wir direkt nach dem Kuttern in etwas Wasser gegart hatten, trennte sich beim Erwärmen das Fett vom Wasser. Zudem war das Brät nicht fein genug und hatte eher die Konsistenz einer groben Bratwurst. Wenn mein Vater mit dieser Wurst aus dem Schlachthaus gekommen wäre, hätte er sie sicherlich mit "Probiert Ihr mal und sagt, was ihr denkt" angekündigt.
Wobei man bei all dem die Kirche auch im Dorf lassen sollte, denn so schlecht war das Ergebnis auch nicht. Vor allem geschmacklich wusste die Wurst zu überzeugen. Da darf man auch mal die Wurst loben.
1. Fleisch aus dem Rücken, nicht aus der Keule verwenden. Ein ausgelöstes Kotelett lässt sich viel besser in gleichmäßige große und auch dicke Scheiben schneiden, als eine Oberschale.
Das klassische Schnitzel, übrigens auch eine Roulade, wird aus der Oberschale von Schwein oder Rind geschnitten. Dabei sollte man gegen die Faser schneiden, damit kurze Faserstücke entstehen, die sich leicht voneinander trennen lassen. Allerdings hat die Oberschale eine eher ungünstige Form, um daraus gleich große Stücke zu schneiden. Daher der Tipp, auf ein Stück aus dem Rücken zuzugreifen. Für ein XXL-Schnitzel (falls Sie auf so etwas stehen), kann man die Fläche mit einem Schmetterlingsschnitt verdoppeln.
2. Das Fleisch vorsichtig mit einem gezackten Fleischhauer klopfen. Nach dem Klopfen sollte das Schnitzel gleichmäßig etwa einen Zentimeter dick sein.
Beim Klopfen geht es zum einen darum, das Stück Fleisch gleichmäßig dünn zu bekommen, zum anderen aber auch darum, die Fleischfasern zu lockern. Wenn das Schnitzel dann brät, bleibt es saftiger, denn das Eiweiß verliert weniger Wasser. Die Dicke des Schnitzels ist auf den Bratprozess abgestimmt: zu dick und es ist noch roh, obwohl die Panierung schon gut gebräunt ist, zu dünn und es übergart schon, obwohl die Kruste noch nicht knusprig ist.
3. Das Fleisch moderat von beiden Seiten salzen. Sobald sich etwas Feuchtigkeit an der Oberfläche bildet, gehen Sie zum nächsten Schritt.
Salzt man Fleisch, bildet sich an dessen Oberfläche zunächst etwas Zellflüssigkeit, welche nach einiger Zeit dann in das Fleisch einzieht. Dann wird die Oberfläche sehr trocken, ähnlich wie bei einem gesalzenen, luftgetrockneten Schinken. Dann hält das Mehl jedoch nicht mehr am Fleisch. Nach dem Salzen sollte das Fleisch nach 5-15 min. paniert werden.
4. Das Mehl würzen und zwar mit allem, was nicht verbrennen soll.
Zitronenabrieb oder frische Kräuter sollten nicht mit der Panierung vermischt werden, da Sie beim Braten schnell verbrennen. Viel besser, man fügt sie dem Mehl zu, so sind sie durch das Ei und die Brösel geschützt. Zum Wiener Schnitzel aus Kalbfleisch passt übrigens etwas Zitronenabrieb im Mehl perfekt. Vor dem nächsten Schritt sollte man überschüssiges Mehl abklopfen.
5. Salzen Sie das verquirlte Ei, denn dadurch wird es flüssiger.
Salz löst die Strukturen im Ei auf. Ein Ei besteht aus vielen verschiedenen Eiweißen, die unterschiedliche Strukturen aufweisen. Die Hagelschnur, die das Eigelb im Zentrum des Eiklars hält, besteht aus relativ dicken und festen Eiweißsträngen. Ohne zugefügtes Salz hat man beim Panieren unschöne, "Eiwürste" am Schnitzel hängen. Sie kennen das sicherlich.
Fügt man beim Verquirlen der Eier etwas Salz zu und wartet eine Weile, wird die Masse dünnflüssig, was das gleichmäßige Panieren erheblich erleichtert.
6. Panko oder nicht zu fein gemahlenes Toastbrot zum Panieren nehmen.
Panko ist im Prinzip nichts anderes als grob gemahlenes Toastbrot. Die Panierung wird damit schön kross, wird allerdings nicht wellig, wie die eines perfekten Wiener Schnitzels. Mittlerweile verwende ich meistens frisches Toastbrot, welches ich grob gewürfelt im Blitzhacker zerkleinere. Dabei kann man auch gleich weitere Zutaten zufügen. Wenn alles nicht zu fein gemahlen wird, ergibt dies eine schöne, lockere aber knusprige Panierung.
Alles, was etwas Hitze vertragen kann, sollte in zu den Bröseln gemischt werden: Parmesankäse, Nüsse, Körner oder getrocknete Kräuter. Mein Favorit ist die Kombination aus Parmesankäse, Kürbiskernen und Thymian.
7. Viel Fett, wenig Hitze. Das Schnitzel muss im Fett schwimmen, optimal sind etwa 170-180 °C.
Wenn die Panierung soufflieren, also aufgehen und wellig werden soll, muss das heiße Fett über die Oberfläche des Schnitzels laufen. Also immer schön die Pfanne schwenken. Richtig lecker wird das Schnitzel, wenn es in Butterschmalz ausgebacken wird. Das ist übrigens auch der bessere Ausdruck für das Braten, den Backen bezeichnete früher und auch heute noch in südlichen Regionen das Frittieren. Daher auch der Name Backhendl für frittierte Teilstücke vom Huhn.
Gerade für die kommende Weihnachtszeit ist ein schönes Schnitzel übrigens eine wunderbare Alternative zu den klassischen Gerichten. Natürlich kann man auch aus Entenbrust, Rehkeule oder einem Wildschweinrücken wunderbare Schnitzel zaubern. In die Panierung mische ich Nüsse und fein gemahlene, klassische Bratengewürze wie Piment, Wacholder oder Sternanis.
Apropos: Habe ich schon erwähnt, dass eine Panade einen Brotbrei bezeichnet, der vorwiegend für Füllungen genutzt wird. Beim Schnitzel entsteht er nur, wenn Sie meine Tipps nicht beherzigen.
Foto-Credit: Sebastian Schollmeyer
In Zeiten, in denen es um Müllvermeidung, ökologischen Anbau von Nahrungsmitteln und verantwortlichen Umgang mit Ressourcen geht, sind mir manche Produkte, mit denen der Einzelhandel überflutet wird, ein Gräuel. Das beste Beispiel für sinnlosen Müll, der sich erstaunlicherweise auch noch hervorragend verkauft, ist ein Produkt, das in der Sendung "Die Höhle der Löwen" vorgestellt wurde:
Verpulvertes Palmfett in einer Wegwerf-Streudose – unsinniger geht es nicht.
Angepriesen wurde diese "Erfindung" von zwei jungen, hoch motivierten Business-Strebern, die es vermutlich als Innovation ansehen, aus Öl ein Pulver herzustellen.
Das ist aber nicht neu. Wahrscheinlich hat es sogar jeder 2. Haushalt im Küchenschrank stehen: Brühepulver, um nur eines der unzähligen Beispiele zu nennen.
Die Grundidee, neben einer gewissen Bequemlichkeit für den Konsumenten, liegt nämlich darin, dass trockene Produkte länger haltbar sind und sich besser transportieren lassen. Fügt man dann die Flüssigkeit hinzu, erhält man ein ähnliches Produkt, wie vor dem Trocknungsprozess. Das funktioniert bei Konzentraten für Getränke oder eben bei getrockneten Fertigsuppen.
Um Fett zu verpulvern, gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste besteht darin, es mit bestimmten Kohlenhydraten zu mischen. Diese werden auf der Packung mit "Maltodextrin" gekennzeichnet. Maltodextrin ist ein Gemisch aus verschieden langen Glucose-Ketten und diese haben unter anderem die Eigenschaft, Fett zu binden. Maltodextrin schmeckt im Gegensatz zu kurzen Kohlenhydrat Ketten (z.B. Glucose oder Fructose) nicht süß. Man kann also massenhaft davon in Iso-Getränken oder Brühepulvern unterbringen, ohne den Geschmack zu verändern. Wohl aber den Umsatz, nach dem Motto: "Viel hilft viel".
Im Fall des erwähnten Bratfettstreus wird das enthaltene Fett jedoch auf eine andere Art pulverisiert. In der Dose ist hauptsächlich Palmöl enthalten. Das aus der Frucht der Ölpalme gewonnene Öl besteht zu über 80 % aus gesättigten Fetten. Gesättigte Fette haben die Eigenschaft, fester, als ungesättigte zu sein.
Einfach gesagt: Je höher der Anteil an gesättigten Fetten, desto fester ist bei höheren Temperaturen das Produkt. Daher ist Oliven- oder Rapsöl bei Zimmertemperatur flüssig, Palmfett oder Butter dagegen streichfähig.
Richtig fest werden diese Fette, wenn man sie beispielsweise dünn ausstreicht und aushärten lässt. Wer schon einmal Leinöl auf ein renoviertes Holzmöbel gestrichen hat, kennt den Effekt. Das Öl hinterlässt nach dem Aushärten eine dünne, glasartige Schicht. *
Gibt es nun Jemanden, der meint, es wäre gut für Körper, Geist und Seele, Palmöl dünn zu verstreichen, es dann zu zermahlen, um es anschließend auf ein Steak zu streuen? Nein, denn es erfüllt nur einen Zweck: das Geld des Käufers zu verpulvern.
Dem Pulver wird übrigens auch noch Lecithin beigemischt, damit es beim Braten von wasserhaltigen Lebensmitteln nicht so stark spritzt. Dieses Prinzip wurde ursprünglich für Margarine entwickelt. Lecithin, welches in großen Mengen in Sojabohnen, Eigelb oder auch Milch vorhanden ist, stabilisiert Emulsionen aus Fett und Wasser. Zudem stabilisiert Lecithin auch feste, wasserunlösliche Stoffe in wässriger Umgebung, also eine Suspension.
Was nach all dem bleibt, ist die Tatsache, dass man mit dem erwähnten Pulverfett eine Mischung aus gehärteten Fetten und Lecithin auf sein Fleisch oder die Bratkartoffeln streuen soll, um es anschließend in die Pfanne zu legen. Guten Appetit!
Als Markenbotschafter wurde Christian Rach gewonnen, der auf die unglaubliche Idee kam, das Fettpulver auch gleich mit Salz und Pfeffer oder anderen Gewürzen zu mischen. Man fühlt sich ein bisschen wie das Kind in "des Kaisers neue Kleider", würde man einwenden, dass man sein Steak doch genauso gut würzen und mit etwas Rapsöl einstreichen könnte, bevor es in der Pfanne lande. Aber damit gewinnt man natürlich keine "Pitch", wie es die Investoren in der Hölle der Löwen nennen.
Schlussendlich ein paar Tipps für den sinnvollen Umgang mit Bratfett:
- Wenn das Lebensmittel, dass Sie braten wollen, ohnehin einen hohen Fettanteil enthält, benötigen Sie kein zusätzliches Öl. Braten Sie eine Entenbrust, ein Steak mit hohem Fettanteil, Buletten oder Bacon einfach pur an. Alles, was auf einem Grill zubereitet werden kann, lässt sich auch ohne Fett in der Pfanne anbraten.
- Eine gute, beschichtete Pfanne hilft ebenfalls, Fett zu sparen. Gerade bei Eierspeisen spielt die Pfanne ihre Vorteile aus.
- Geben Sie das Fett vor dem Braten auf die Lebensmittel. So lassen sich Zwiebelwürfel, Bratkartoffeln oder Fleisch mit einem dünnen Ölfilm benetzen.
Ab und zu brauchen Sie einfach richtig viel gut temperiertes Fett: Schnitzel, Pommes, Falafel oder Fisch im Bierteig muss in Fett schwimmen. Danach auf einem Gitter abtropfen lassen und mit Küchenpapier abtupfen.
Apropos "richtig viel". Die Zutatenliste auf Fertigprodukten beginnt immer mit der mengenmäßig größten Zutat. In der Gemüsebrühe sind dies Salz, Mononatriumglutamat und Palmfett. Dagegen befinden sich insgesamt 2,8 % Gemüsesorten darin. Vielleicht darf der Hersteller es deswegen auch nicht "Gemüse"-Brühe nennen. Auf der Packung steht daher lediglich "Delikates-Brühe".
Zum Schluss mein Tipp für alle, die noch verkrampft nach einem Start-Up-Produkt für einen Auftritt in der Löwenhöhle suchen:
Delikate Palmölbrühe - jetzt neu: mit viel Glutamat und Salz.
* Industriell lassen sich tierische und pflanzliche Fett mit einem Verfahren nahmen "Hydrierung" härten und verfestigen. Dabei wird der Schmelzpunkt erhöht, indem die ungesättigten Fettsäuren mittels Wasserstaoff und Nickel als Katalysator unter Druck gerührt, filtriert und raffiniert wird.
Das "T" am Ende des französischen Wortes "Entrecôte" spricht man mit. Das "E" dagegen nicht, und so endet diese Bezeichnung eines Steaks aus der Hochrippe mit der Silbe "Kot". Nicht besonders ästhetisch, aber es ist, wie es ist.
Was übersetzt "Zwischenrippe" bedeutet, bezeichnet genau das: eine Scheibe Fleisch, die zwischen zwei Rippen liegt. Der gesamte Bereich der erwähnten Hochrippe umfasst beim Rind die 6. bis 12. Rippe. Davor, also von der 1. bis zur 5. Rippe lautet die Bezeichnung "Chuck" oder "Brisket", dahinter, also von der letzten, 13. Rippe bis zur Hüfte, ist die Lende (-> klicken)
Um die Bestellung des Steaks im Restaurant einfacher über die Zunge gehen zu lassen, wird es oft unter dem Namen Rib-Eye in der Speisekarte aufgeführt. Mit den Worten "das charakteristische Fettauge gibt den Namen" wird dieser Cut oft angepriesen. Den Namen gibt dem Steak allerdings ein Muskel. Beim Steakschnitt durch die Hochrippe, erhält man nämlich eine Scheibe, die aus mindestens drei unterschiedlichen Muskeln besteht. Der auf dem eingangs gezeigten Bild mit "musculus longissimus dorsi" bezeichnete Teil, ist das namensgebende "Auge der Rippe". Deswegen heißt das Steak auch nicht "Fat-Eye".
Die beiden anderen Muskeln sind übrigens zarter als der Hauptstrang. Sie werden bei den Bewegungen des Rindes nicht so stark beansprucht, was man schon an der helleren Farbe erkennen kann:
weniger beansprucht = weniger durchblutet = helleres Fleisch. Aus diesem Grund ist auch Kalbfleisch heller als das eines alten Ochsen.
Doch zurück zur Speisekarte. Vor ein paar Tagen besuchte ich ein neues, total angesagtes Restaurant in Braunschweig. Gleich am Eingang konnte man einen ganzen Rinderrücken im Reifeschrank bewundern. Als wir uns dann an unseren Tisch setzten, bekam ich eine Beschwerde an unserem Nachbartisch mit. Der Gast und Steakliebhaber hatte sich ein Entrecôte bestellt und bemängelte, dass es aus vielen Sehnen bestand, die er fein säuberlich auf seinem Teller seziert hatte.
Hier liegt genau das Problem eines Steaks aus der Hochrippe. Je näher man der Schulter kommt, desto mehr Sehnen stabilisieren dort die verschiedenen Muskelstränge. Im Prinzip ist solch ein Steak nicht zum Kurzbraten geeignet, es muss geschmort werden.
Ich kenne nur eine Person, die mit Genuss auf den festen Sehnen eines durchwachsenen Steaks herum kaut: mein Vater. Aber der ist in diesen Dingen etwas speziell.
Ein Chocolate Lava- oder auch Molten Chocolate Cake zeichnet sich durch einen flüssigen Kern aus. Für ein perfektes Ergebnis gibt es zwei Herangehensweisen:
1. Man nimmt ein Stück Schokolade und steckt es in einen Teig. Während des Backens schmilzt die Schokolade im Kern. Beim Zerteilen ergießt sich dann diese sehr flüssige Kernschmelze über den Teller.
2. Der Kuchenteig wird kurz bei sehr hoher Temperatur gebacken, sodass er im Kern noch flüssig ist.
Um das Rezept möglichst einfach zu gestalten, habe ich mich nach einiger Recherche mit der zweiten Methode beschäftigt.
Die Vorgabe für ein überzeugendes Ergebnis liegt auf der Hand: Der flüssige Kern darf nicht nach rohem Teig schmecken und sollte aufgrund der verwendeten Eier ausreichend gegart sein.
Wird er jedoch zu lange gebacken, ist das Innere nicht mehr flüssig genug, um beim Anschneiden herauszulaufen. Es geht also um Zeit und Temperatur auf der einen, sowie die Zubereitung der Masse auf der anderen Seite.
Eier und Zucker müssen zu einer sehr cremigen Masse geschlagen werden. Der Kuchen darf nicht zu stark aufgehen, da er sich ansonsten nicht mehr stürzen lässt und zu instabil für den flüssigen Kern wird. Das einzige Triebmittel sind also die feinen Luftbläschen im Ei.
Die Schokolade wird zusammen mit Öl oder Butter vorsichtig temperiert, sodass sie gerade flüssig ist. Anschließend lässt man sie langsam in die Ei-Zucker-Masse hineinlaufen. Dabei stetig rühren, um eine Emulsion herzustellen. Im Prinzip bereitet man eine Art süße Hollandaise oder Mayonnaise zu.
Im Backofen erreicht das cremige Innere dann eine Temperatur von maximal 75 °C. Das Ei darf nicht gerinnen und ausflocken. Auch das eingearbeitete Mehl hilft durch die enthaltene Stärke, die Gerinnung zu verhindern. Ich verwende gerade so viel Mehl, dass die äußere, gebackene Schicht eine stabile Kuchenstruktur entwickeln kann, der Geschmack jedoch nicht durch Mehl dominiert wird.
Hier das Rezept für 4 kleine Keramik-Soufflé-Schälchen:
100 g Zartbitter-Schokolade
100 ml mildes Olivenöl
Die Schokolade in kleine Stücke teilen und in einem Glas-Schälchen mit dem Öl bedecken. In der Mikrowelle bei 900-1000 Watt eine Minute erwärmen. Anschließend glatt rühren. Die Schokolade sollte vollständig geschmolzen sein, sonst noch einmal 20 Sekunden erwärmen.
3 Eier
100 g Zucker
Prise Salz
Beides in einer Schüssel mit einem Handrührgerät sehr cremig rühren. Die Masse sollte dabei hellgelb werden.
Anschließend die flüssige Schokolade hineinlaufen lassen. Dabei immer weiter rühren.
30 g Mehl Typ 405
Das Mehl zum Schluss ohne Klümpchen in die Masse rühren. Dabei ist die Verwendung eines Mehlsiebs hilfreich.
Zur ersten Methode empfehle ich das Rezept von Bras, welches zugegebener Maßen etwas kompliziert ist. Die Zubereitung ist hier sehr ausführlich dokumentiert (-> Le biscuit de chocolat coulant), für das Ergebnis übernehme ich jedoch keine Verantwortung.
Die Rotwein-Salami hing nun vier Wochen bei mir im Keller. Alle 3-4 Tage habe ich die Würste mit einem feuchten Tuch abgewischt, damit sie langsam von innen nach außen trocknen und reifen konnten. Würde die Salami außen zu trocken werden, ließe diese dichte Schicht die Feuchtigkeit nicht mehr aus dem Inneren entweichen.
Im besten Fall nimmt man zum Befeuchten den Rotwein, der auch in der Wurst ist, es geht aber auch mit Wasser. Ich kann mich erinnern, dass mein Vater zu seiner aktiven Zeit als Fleischer die Salamies in eine große Wanne voll Rotwein gelegt hat. Wobei ich nicht ganz glauben kann, dass wirklich nur Wein in der Molle war. Vielleicht hat er auch Wasser zu Wein gemacht. Ich komme schließlich aus einem katholischem Haushalt.
Beim Aufschneiden konnte ich gleich mein neues handgeschmiedete Messer ausprobieren. Das Schnittbild und vor allem auch der Geschmack sind hervorragend geworden.
Bis Anfang des Jahres war meine Geschmacks- und Geruchs-Welt noch in Ordnung. Beides war sauber getrennt und so konnte ich daraus wunderbare, besserbisserische Sprüche ableiten. Hier ein paar Beispiel, die man eloquent an einem geselligen Kochabend einwerfen kann:
- Wir können bis zu 10.000 Düfte unterscheiden, aber nur eine gute Hand voll Geschmäcker. Es ist also weitaus informativer am Wein zu riechen, als ihn zu trinken.
- Wer das Aroma von Rosmarin mag, hält sich während des Essens am besten einen Zweig unter die Nase. Das bringt weitaus mehr, als ihn zusammen mit dem Steak in die Pfanne zu legen.
- Fett ist kein Geschmacks-, sondern ein Geruchsträger. Was wir schmecken ist in der Regel wasserlöslich, im Gegensatz zu Aromen, die sich in Fett oder Alkohol lösen.
Unterstützt wurden meine Sprüche durch markante Tests, die man hin und wieder im Fernsehen bewundern konnte. Man hielt jemandem die Nase zu und ließ ihn oder sie in eine Zwiebel beißen. Diese konnte ohne Einsatz des Riechkolbens* nicht von einem Apfel unterschieden werden.
* Obwohl ich das Wort Riechkolben auch als Methapher für "Nase" ganz sinnig finde, meine ich hier den Bulbus olfactorius.
Natürlich gab es Immer wieder Entdeckungen, die bisherige gustatorische Erkenntnisse in Frage stellten oder gar ad absurdum führten. Der Klassiker sind die Geschmackszonen auf der Zunge, die zumindest meine Generation noch im Schulunterricht auswendig lernen musste. Leider ist diese Zungenlandkarte jedoch völliger Quatsch und geht auf einen Übersetzungsfehler zurück. Auf der Zunge gibt es zwar Zonen, die Geschmack intensiver wahrnehmen als andere, diese Zonen unterscheiden sich jedoch nicht durch Rezeptoren für beispielsweise sauer in der einen und salzig in der anderen Zone.
Auch die anfänglich nur vier verschiedenen Geschmacksrichtungen wurden im Laufe der Zeit erweitert. Nach Entdeckung des fünften Geschmacks für Umami, also eine Reaktion auf bestimmte Aminosäuren, geht man heute davon aus, dass wir auch Geschmacks-Rezeptoren für fettig und metallisch besitzen.
Die fettige Geschmacksrichtung hat auch schon einen Namen: Oleogustisch. An zwei neu entdeckte Rezeptoren (GPR40 und GPR120) können sich freie Fettsäuren andocken und einen Reiz auslösen. Abschließend ist jedoch noch nicht geklärt, ob der Reiz für Fett als neuer Geschmackssinn festgelegt werden kann.
Gleiches gilt für das Erkennen und unterscheiden von Wasser. Möglicherweise ist unser Geschmacksinn für Sauer mit einem Sinn für wässrig verbunden.
Alles jedoch keine Erkenntnisse, die die Grundlage meines Wissens über Geschmack und Geruch zum Wanken bringen konnten. Bis ich einen Artikel mit dem Titel "Wir riechen auch mit der Zunge" las. Vor kurzem aber konnten Forscher Geruchs-Sensoren auf der Zunge nachweisen. Bei verschiedenen Tests mit Mäusen reagierten die Geschmackspapillen auf Geruchsstoffe. Weitere Riechsensoren befinden sich übrigens auch auf der Haut und in den Bronchien.
Bisher ging man davon aus, dass sich Geschmack und Geruch erst imm zentralen Nervensystem bzw. im Gehirn zum Aroma zusammenfügen. Diese Erkenntnis ist durch die Entdeckung der Geruchs-Sensoren zumindest ein paar neue Versuchsreihen wert.
Ich gehe mal an einem Gläschen Wein riechen. Mit der Zunge.
Olf, mein Vater und ich habe etwas gemeinsam: unsere Väter waren oder sind Fleischer. Das prägt fürs Leben.
So entstand die Idee, sich einmal zum Wursten und Sülzen zu Treffen. Olf wollte eine schöne Sülze machen, denn so was kriegste heute überhaupt nicht mehr in dieser Qualität.
Aber Sülzen allein ist nicht abendfüllend und so haben wir auch noch Rotwein-Salami hergestellt. Für die Fotos war übrigens Sebastian zuständig. Sein Vater ist kein Fleischer, dann darf man eben auch nur am Rand mitspielen.
Nachdem wir beim letzten Wursten noch den Füllaufsatz des Fleischwolfes benutzt haben und ich Angst bekam, mein Vater würde beim langen Stehen eine Trombose bekommen, habe ich mir für den nächsten Termin extra einen professionellen Wurstfüller mit 6,8 kg Fassungsvermögen gekauft. So konnte ich auch das Niveau des "Equipments für Hausmacherscheiße" etwas heben.
Rezept für luftgetrocknete Rotwein-Salami
Das Wurstbrät haben wir in einen Rinderkranzdarm Kaliber 40/43 und Hukki Hüllen Kaliber 40/40 gefüllt. Beides geht, bei Naturdärmen hat man die etwas traditionellere Optik einer Italienischen Salami. Die Hukki Hüllen sind etwas unkomplizierter, was Lagerung und Füllen angeht.
Zutaten pro kg Wurstmasse
300 g mageres Rindfleisch
700 g durchwachsenes Schweinefleisch - am besten Sau-Nacken, also Fleisch von weiblichen Tieren, die bereits Junge bekommen haben, ca. 3 Jahre alt und entsprechend groß sind.
Wenn die Salami beim Lufttrocknen nicht so fest werden soll, kann man die Hälfte des Sau-Nackens durch fetten Rückenspeck ersetzen. Dann hat die Wurst allerdings auch größere Fettstücke im Schnittbild.
Das Fleisch sollte zum Wolfen sehr kalt oder leicht angefroren sein. Das Rindfleisch mit der 2 mm Scheibe zerkleinern, das Schweinefleisch in ca. 2 cm große Würfel schneiden. Dabei eventuelle Sehnen entfernen.
Folgende Zutaten zum Fleisch geben:
50 ml Rotwein - halbtrocken (z.B. Dornfelder)
1/4 Knoblauchzehe
24 g Pökelsalz (0,5 % Nitrit)
1 g Ascorbinsäure
0,5 g Starterkultur
5 g Pfeffer
0,5 g Muskat - fein gerieben
0,5 g Fenchelsamen
0,5 g Majoran
0,25 g Koriandersamen
0,25 g Piment
0,25 g Kardamom
Aufgrund der Gewürz-Mengen, wenn man keine Koks-Waage im Haus hat, empfiehlt es sich, 4 kg Wurstbrät herzustellen.
Früher habe ich die Gewürze in einem großen Steinmörser gemahlen, mittlerweile habe ich mir dafür eine kleine, handbetriebene Kaffee-Mühle gekauft. Die Mischung dann zum Fleisch geben.
Alles kräftig vermischen.
Nun alles zusammen mit der 5 mm Scheibe wolfen.
Jetzt noch einmal alles kräftig mischen, bis das Wurstbrät anfängt, sich zu verbinden. Schließlich alles in den Wurstfüller geben. Dabei darauf achten, dass man möglichst keine Luft mit einschließt. Am besten die Masse portionsweise mit Schwung in den Behälter werfen und immer etwas nachdrücken.
Zum Abschluss das Wurstbrät in die gewünschten Därme füllen. Der eine Metzgerssohn kurbelt, der andere füllt den Darm. Der dritte steht dumm rum und macht schlaue Sprüche. Also genauso wie im Straßenbau.
Nur noch mit Wurstgarn binden. Fertig. Es ist im mer wieder erstaunlich, wie filigran diese doch eher großen Hände arbeiten können.
Hier im Vergleich die Salami im Natur- und im Kunstdarm. Einmal kunstvoll mit grünem Wurstband verziert.
Nun muss man sich in Geduld üben: die Würste müssen an einem Kühlen, dunklen Ort für mindestens 4 Wochen reifen. Dabei sollte man sie alle 3-4 Tage mit Wasser (oder Rotwein) besprühen oder abwischen. Dadurch wird verhindert, dass die Wurst außen zu schnell trocknet und so im Inneren zu feucht bleibt.
Zur Stärkung gab es zum Schluss noch etwas Rinderfilet und ein Tatar vom Rest des gewolften Rindfleischs. Es kann einem schlechter gehen...
Mit Sebastian, der auch das Tellerbild fotografiert hat, habe ich ein neues Kochvideo gedreht. Die Idee zum Gericht trage ich schon eine ganze Weile mit mir herum.
Letztes Jahr während der IFA in Berlin waren wir ein paar mal im Lon Men's Noodle House. Das Ambiente erinnert an einen zweitklassigen Schnellimbiss aber das taiwanesische Essen ist fantastisch. Besonders ein kleines Gericht mit gefüllten Teigtaschen in einem Sud aus Sojasoße, Sesam-Öl, Chili, Knoblauch und etwas Säure hatte es mir und allen anderen angetan.
Es gibt Saucen oder auch Dressings, die sind einfach auf die Fresse gewürzt und so ging mir der Sud nicht mehr aus dem Kopf.
Die Dumplings, die in dem Sud serviert wurden, waren aus sehr dünnem Teig, der eine relativ feste Fleischmasse umhüllte.
Mein erster Versuch die Dumplings mit einem Nudelholz auszurollen und dann gefüllt kunstvoll zu verschließen sind kläglich gescheitert. Der Teig war zu dick, genauso, wie meine Finger.
Also habe ich mich sowohl beim Ausrollen, als auch bei der Falttechnik für die europäische Variante entschieden: eine elektrische Nudelmaschine zum Ausrollen und zum Füllen der Teigkreise ein klassischer Ravioliverschluss.
Das Rezept mit weiteren Bildern von Sebastian:
Dumplings mit Soja-Chili-Sud
Für den Teig
180 g Mehl 405
90 ml sehr heißes Wasser
10 ml Rapsöl
Prise Salz
Für die Füllung
200 g Hackfleisch (Rind)
100 g Bauchspeck (Schwein)
1/2 Bd Petersilie
3 g Salz (1/2 gestr. Teelöffel)
Für die Brühe
1/2 kl. Sellerie
2 Möhren
1 Zwiebel
1 Knoblauchzehe
1/2 Bd Petersilie
300 ml Wasser
1/2 TL Salz
1 EL Rapsöl
Sojasoße, Reis-Essig, Chili-Flocken und Sesam-Öl zum Abschmecken.
Frühlingszwiebel zum Anrichten.
Mehl, heißes Wasser, Rapsöl und Salz zu einem glatten, elastischen Teig verkneten, in Folie schlagen und 30 min. ruhen lassen.
In der Zwischenzeit Sellerie und Möhren schälen und fein würfeln. Die Zwiebel und Knoblauchzehe abziehen und ebenfalls fein würfeln. Die Petersilie mit Stängel fein schneiden.
Alles zusammen in etwas Rapsöl anschwitzen. Mit 300 ml Wasser ablöschen, Salz und Chili zufügen und ohne Deckel ca. 20 min. kochen lassen. Je feiner das Gemüse geschnitten ist, desto schneller wird die Gemüsebrühe fertig. Außerdem hatte ich ein neues Messer zum Ausprobieren und da übertreibe ich es gern mit dem Kleinschneiden.
Mit einer Nudelmaschine den Teig bis zur dünnsten Stufe ausrollen, leicht bemehlen und dann mit einem runden Metallring (z.B. 8 cm großer Servierring) Kreise ausstechen.
Etwas Füllung in die Mitte des Teigrings geben, den Teigrand anfeuchten, umschlagen und fest verschließen.
Wenn die Brühe fertig ist, alles durch ein Sieb gießen und den Sud mit Sesamöl, Sojasauce, Reisessig, Salz und Chili kräftig abschmecken.
Die Dumplings in einer beschichteten Pfanne in reichlich Rapsöl anbraten. Wenn der Boden leicht gebräunt ist, etwa 100 ml Wasser zufügen und sofort einen passenden Deckel auf die Pfanne setzen. Nach etwa 1-2 min. den Deckel abnehmen und das Wasser fast verkochen. Das Kochfeld ausschalten und ca. 50 ml des Gemüsesud dazu gießen. Wenn die Soße leicht andickt, die Teigtaschen sofort mit fein geschnittener Frühlingszwiebel servieren.
Die Grenzen zwischen einem kalten Süppchen und einer Vinaigrette sind im wahrsten Sinne des Wortes fließend. Um das ein oder andere zuzubereiten, ist lediglich das Abschmecken entscheidend. Ein Süppchen sollte von der Menge schon etwas umfangreicher als eine Vinaigrette auf dem Teller landen, daher darf sie nicht zu kräftig abgeschmeckt werden. Ganz im Gegenteil zu einem Salat-Dressing, dass schon an die Grenzen des guten Geschmacks gehen sollte.
Im hier zubereiteten Süppchen ist das Grün der Radieschen die färbende und geschmackliche Basis. Im Gegensatz zu den Radieschen selbst, die bisweilen durch die enthaltenen Senföle sehr scharf sein können, ist das Laub über den Wurzeln eher mild mit grasigen aber auch fettigen Noten. Wie auch in Dill, Tonkabohne oder Waldmeister ist Cumarin ein wichtiges, enthaltenes Aroma.
Für die Vinaigrette habe ich die Blätter mit Stängel sorgfältig gewaschen, grob zerteilt und zusammen mit mittelscharfem Senf, Branntweinessig, Buttermilch und etwas Apfelsaft zu einem dünnflüssigen Mus gemixt. Mit Salz und Pfeffer nicht zu kräftig abgeschmeckt. Dann weiter mixen und dabei langsam ein neutrales Rapsöl hineinlaufen lassen. Auf 300 ml Vinaigrette-Basis gebe ich 100 ml Rapsöl.
So entsteht ein sämiges Süppchen. Soll es eine Vinaigrette werden, einfach die Basis kräftiger würzen, bevor das Rapsöl dazu gemixt wird. Dann natürlich weniger Dressing zum Salat verwenden.
Ergänzt wird das Gericht mit Gurken- und Radieschen-Scheiben sowie fein geschnittenen Apfelwürfelchen, am besten aus einer festen, säuerlichen Sorte. Dazu etwas Dill und ein paar Kleckse Joghurt.
In der Mitte thront eine Lachs-Praline. Im Norden würde man wohl eher sagen, eine zu kleine Fischfrikadelle. Die Zutatenliste der Masse ist übersichtlich: 300 g frischer Lachs, 100 g frisches Toastbrot, ein Ei, ein Esslöffel voll Senf, Dill nach Belieben, Salz und Pfeffer nach Geschmack. Lachs und Toastbrot mit einem scharfen Messer in kleine Würfel schneiden. Alles zusammen gut vermischen und in wenig Rapsöl bei nicht zu großer Hitze anbraten.
Beim Kochen gibt es viele unausgesprochene Regeln. Leider gehen diese Regeln meist nicht auf eine wissenschaftliche Grundlage zurück, sondern nur auf das Prinzip "das macht man so", oder "das haben wir immer schon so gemacht".
Mich reizt es dann immer besonders, zu sehen, ob es nicht doch einen anderen Weg gibt, der mir das Koch-Leben leichter macht und ein ebenso gutes Ergebnis liefert.
Ein gutes Beispiel ist ein Risotto: Die Regel besagt, dass man nach und nach die Brühe zum Reis zufügen muss, und ständig rühren solle. Das rührt wahrscheinlich daher, dass sich zum einen auf älteren Kochfeldern die Hitze nicht besonders fein regulieren lies. Zum anderen konnte man auf diese Weise ständig überprüfen, wie weit der Reis bereits gegart wurde und ob er noch etwas Brühe bzw. Garzeit benötigte. Das Schlotzige oder Schlonzige war dann womöglich ein aus der Not eine Tugend machen, denn durch das Rühren wird viel Stärke frei, die die Flüssigkeit bindet.
Heutzutage sind diese Gründe allerdings nicht mehr ausschlaggebend für ein gutes Risotto. Wer Reis sucht, der viel Stärke abgibt, wird in jedem besseren Supermarktregal fündig: Vialone Nano ist mein Tipp, aber auch mit Carnaroli erzielt man ein cremiges Risotto.
Einige moderne Kochfelder haben die Möglichkeit, die Temperatur gradgenau zu regeln. Den Reis bei 90 °C zu garen, ohne dass dieser am Boden ansetzt oder überkocht, ist dann ein Kinderspiel. Aber auch sonst lässt sich ein modernes Induktionskochfeld ziemlich genau steuern.
Möchte man sich das ständige Rühren sparen, muss nur noch das Verhältnis zwischen Reis und Flüssigkeit stimmen und das Risotto kocht sich fast von allein. Gart man es mit Deckel, benötigt man auf ein Teil Reis drei Teile Flüssigkeit. Für vier Personen als Hauptgericht somit 300 g Reis und 900 ml Brühe. Das Ganze dann mit Deckel 18 Minuten simmern lassen. Zum Schluss ordentlich Butter und Parmensankäse zuzfügen. Schließlich mit Säure in Form von Zitronensaft oder Weißweinessig abschmecken.
Einfach kochen - ohne Rezept.
Für uns ist ein Dinner in unserer Kochschule immer eine schöne Abwechslung. Dabei können sich die Gäste von uns bekochen lassen, anstatt während eines Kochkurses selbst zu kochen.
Folgendes Menü haben Anja und ich zusammen mit Marius Herdegen serviert:
Kalbstatar mit Salzzitrone, Blumenkohl-Creme, Rote Bete und Kapernapfel - dazu eine Zwiebel-Essenz (Bild oben).
Schweinebauch mit Malzbierjus, Spitzkohl und Kartoffelpüree - dazu Craftbeer (von Marius´Vater gebraut).
Saibling, Wurzelgemüse, Lauch und Meerrettich-Schaum
Rosmarin-Granité, Pflaumen und Sylter Blüten und kandierten Früchte
Maispoulardenbrust, Rauke, Estragon-Vinaigrette, Topinambur und Möhrenpüree - dazu Omas Hühnerbrühe
Und das Dessert: Kirsche, Pistazie und Schokolade. Bild unten: Resteessen in der Küche.