Steaks vom Rind zum Kurzbraten

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Es ist nicht einfach, vernünftige Informationen über die verschiedenen Steaks vom Rind zu finden. Das liegt daran, dass Länder wie Frankreich, USA oder auch Deutschland unterschiedliche Schnitt-Führungen und Bezeichnungen der Teile haben. So ist z. B. in Amerika ein Rumpsteak ein Stück aus der Hüfte, bei uns heißt dieser Schnitt jedoch Huft-Steak. Unser Rumpsteak heißt in Amerika dagegen Strip Loin. Alles ziemlich verwirrend und hier möchte dieser Artikel etwas Licht ins Dunkel bringen.

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Auf dem Bild oben ist übrigens ein Filet-Tournedos vom Rind mit 56 ºC Kerntemperatur zu sehen. Man erkennt sehr schön die Länge der Fasern und damit auch das Problem, wenn Steaks zu dick geschnitten werden. Für mich sind 2,5-3 cm ideal.
Zu dünn sollte ein Steak jedoch auch nicht sein, da sonst die Hitze auf dem Grill oder in der Pfanne zu schnell die äußeren Bereiche übergart. Der Kern ist dann zwar noch rosa, das Fleisch hat beim Aufschneiden jedoch einen breiten, grauen Rand.

Eine kleine Anmerkung zum Begriff "Kurzbraten" und wie ich diesen verwende: ich unterscheide Fleisch zum Kurzbraten im Unterschied zu Schmorfleisch. Wobei die Zubereitung auch beim "kurzen" Grillen etwa eine Stunde dauert, da ich das Fleisch zunächst im Ofen bei etwa 80°C temperiere. Mit einer Kerntemperatur von etwa 53 °C landet es dann auf dem Grill. Alle im Folgenden vorgestellten Teile müssen also nicht geschmort werden, sondern werden im Kern rosa zubereitet und sind trotzdem zart im Biss.

Schmorfleisch enthält im Gegensatz dazu mehr Kollagen, welches erst ab längerer Gardauer ab ca. 70 °C zu Gelatine und somit weich wird. Das Muskelfleisch selbst ist dann allerdings grau und übergart (sieht man einmal von 48 stündigem Sous-Vide-Garen bei unter 60 °C ab).


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Nach dem Schlachten wird eine Rinderhälfte in Vorder- und Hinterviertel geteilt, man kann sie dann besser transportieren und lagern bzw. reifen lassen. Früher teilte man zwischen der 8. und 9. Rippe. Heutzutage ist jedoch das Hinterviertel teurer zu verkaufen, also wird mittlerweile zwischen der 6. und 7. Rippe getrennt. In den USA ist die klassische Trennung von "Chuck" und "RiB" zwischen der 5. und 6. Rippe. "Rib" und "Loin" werden zwischen der 12. und 13. (letzten) Rippe getrennt.

In der Skizze zeigt die rote Linie zwischen 2 und 3 die heutige Teilung.

Aber nun der Reihe nach:

1 - Der Hals (auch Zungenstück - hat jedoch nichts mit der Zunge zu tun)

Ein Teil des Nackens. Sehr durchwachsen und mit ca. 8 % Fett-Anteil. Gut geeignet zum Schmoren und für Gulasch. Ich erwähne es hier nur, weil ich es für Pattys (Beef-Steak) nehme. Beim Wolfen gebe ich noch etwa 10 % Fett z. B. vom Rumpsteak-Deckel dazu.

2 - Schulter (auch Bug genannt - gehört noch zum Vorderviertel) und darunter liegende Fehlrippe

Ein Großteil der Schnitte, wie z. B. das dicke Bugstück oder das falsche Filet ergeben tolle Schmorbraten. Zum Kurzbraten geeignet sich das Schaufelstück (auch Mittelbug, Schulterscherzel od. Schildstück bezeichnet), wenn man die mittlere Sehne entfernt. So erhält man zwei flache Steaks, die in den USA "Flat Iron" genannt werden. Nach dem Filet der zarteste Muskel eines Rindes.

Würde man im Bereich zwischen 1. und 6. Rippe ein Nackensteak schneiden, wie man dies bei Schweinefleisch kennt, würde dies aus zahlreichen kleinen Muskeln bestehen. Oft wird einem fälschlicherweise so ein Stück als Rib-Eye angeboten.

In Deutschland bezeichnet man den Bereich der Wirbelsäule unter dem Schulterblatt oft als "Fehlrippe". Dieser Begriff kann aber auch eine Scheibe Fleisch zwischen zwei Rippen aus dem Rücken bezeichnen. Man erhält dann quasi ein Kotelett ohne Rippe (ähnlich der u.a französischen Bezeichnung "Entrecôte" = Zwischenrippe.)

3 - Hochrippe (auch „Hohes Roastbeef“)

In England und USA haben wir hier das klassische Rib-Eye mit Knochen auch Prime Rib Steak genannt
Seinen Namen hat es übrigens nicht wegen des „Fettauges“, sondern aufgrund des Muskels im Kern dieses Rippenstücks
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Für die Ärzte unter uns, der Hauptmuskelstrang im Rücken heißt im Ganzen Longissimus Dorsi. Im Bereich der Hochrippe trägt er die Bezeichnung Longissimus Thoracis, im Lendenbereich (siehe Punkt 4) wird er zum Longissimus Lumborum und ist dort auch etwas zarter. Prinzipiell handelt es sich aber immer noch um den gleichen Muskelstrang.

Auf diesem Muskel, liegt auf der Hochrippe, getrennt durch Fett und eine dicke Sehne, der Hochrippendeckel (Spinalis Dorsi - der drittzarteste Muskel des Rindes).
Je nach Schnitt, finden sich am Rib-Eye noch weitere kleine Muskeln (z.B. Semispinalis captitis bzw. Complexus, oder M. Iliocostatis).

Hierin liegt auch die Schwierigkeit des perfekten Garens eines Rib-Eye-Steaks: 3 verschiedene Fleischteile mit unterschiedlichen Garzeiten und dazwischen viele Sehnen. Den Namen hat das Rib-Eye übrigens nicht aufgrund des "Fettauges" sondern wegen des runden Hauptmuskels

Alle Muskeln liegen übrigens oberhalb der Wirbelsäule. Daher befindet sich auf dem Fleisch auch der dicke Fettdeckel, der unterhalb der Haut liegt. Wenn man die Hochrippe im Ganzen garen möchte, macht es Sinn, den Fett- und Hochrippendeckel vorher auszulösen und getrennt zu verwenden, da sich Sehne darunter beim Erhitzen zusammenzieht.

Man kann aber auch Steaks aus der Hochrippe schneiden. Der Franzose nennt dieses Steak dann Entrecôte. Es heißt „Zwischen-Rippe“ da es so dick ist, wie der Platz zwischen zwei Rippen (sagen wir mal so 3 cm). Ein doppelt so dickes Stück nennt man dann Entrecôte Double, noch dicker heißt es Entrecôte Chateau.

Ab und zu gerät auch schon mal ein Stück aus dem flachen Roastbeef zum Entrecôte.

Fettanteil der Hochrippe übrigens ca. 15 %. Wer mal die beste Bolognese-Sauce der Welt zaubern möchte, nimmt ein Stück Rib-Eye und schneidet dieses mit einem sehr scharfen Messer in winzige Würfel. Scharf anbraten und im Tomaten-Sugo schmoren.

4 - Flaches Roastbeef (Rumpsteak, Lendenstück oder Strip Loin)

Der Muskel (Longissimus Lumborum) ist hier etwas flacher und zarter geworden. Der Muskel wird im Bereich der Vorderbeine stärker trainiert als im Beckenbereich, was die Zartheit erklärt.

Hin und wieder werden Rumpsteaks angeboten, die von einer dicken Sehne durchzogen sind. Diese trennt den Rückenmuskel von dem Hüftmuskel (Musculus Gluteus Medius), auf dem im weiteren Verlauf der Tafelspitz liegt (siehe auch Skizze des Porterhouse).

Unterhalb des Rumpsteaks, sozusagen im Inneren des Knochengerüsts, liegt das Filet.

Steaks aus dem flachen Roastbeef

Jetzt wird es interessant: Hier kommen die großen Steaks!

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Das flache Roastbeef umfasst die 7 Lendenwirbel des Rindes. Schneidet man senkrecht zum Rücken, erhält man die verschiedenen Steaks.
Dabei wird zur Hüfte hin der Filet-Anteil immer größer, allerdings fängt hier auch schon die Spitze des Hüftdeckels, der Tafelspitz an.

Die Steaks heißen dann (in Richtung Hüfte):

Strip Loin - klassisches Rumpsteak
Club-Steak - Rumpsteak mit Knochen
T-Bone - Rumpsteak und kleines Filet mit T-Knochen
Porterhouse - Rumpsteak (meistens mit einem Stück der Hüfte) und großes Filetstück


Bei dieser Schnittführung würde vom Filet noch der „Kopf“ in der Hüfte verbleiben.
Ein ganzes Rumpsteak ergibt etwa 4 Strip Loins, 3 T-Bones und 3 Porterhouse von je 3 cm Dicke.

Je nach Größe des Rindes, kann ein Porterhouse mit Knochen bis zu 1,5 kg wiegen (beispielsweise ein Bistecca Alla Fiorentina vom Chianina-Rind).

5 - Filet

Kauft man das Filet im Ganzen, findet man die Bezeichnung 3/4 oder 4/5, was 3-4 bzw. 5-6 Pound Gewicht bedeutet.
Es hat einen Fettanteil von etwa 4 %.

Das Filet (Psoas Major) besteht aus folgenden Teilen (von der Hüfte Richtung Schulter):

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Der Filet-Kopf besteht aus einem zusätzlichen zweiten Muskel (M.Iliacus).
Aus dem Mittelstück werden kleine (Filet Mignons) und große Medaillons oder Tournedos geschnitten - die besten und teuersten Stücke.
Das vom Umfang her größte Stück wird zum Chateaubriand.

Die Filetspitze wird für feines Ragout verwendet.

Über die gesamte Länge des Filets zieht sich seitlich ein von Fett und Sehnen durchzogener Muskelstrang (Psoas Minor). Dieser lässt sich leicht abtrennen und kann für die nächsten Burger oder ein Ragout verwendet werden.

Sofern man es im Ganzen zubereiten möchte, sollte man das Filet mit Küchengarn auf eine gleichmäßige Dicke binden. Auch für den Filetkopf empfiehlt sich etwas Küchengarn für die Form oder diesen vorher abzutrennen.

6 - Hüftdeckel (Tafelspitz) und Hüftkern

Die amerikanische Bezeichnung für den Hüftkern im Steak-Schnitt ist „Sirloin“, wobei in England ein „Sirloin“ unser Rumpsteak bezeichnet, was wiederum in den USA als "Short Loin" betitelt wird. Alles ziemlich verwirrend.

In Deutschland gibt es als kostengünstige Alternative zu Steaks aus dem Rücken das Huftsteak. Dieses wird aus dem Hüftkern geschnitten. Zuvor sollte allerdings die dicke Sehne entfernt werden, die die Hüfte im Verhältnis 1/3 zu 2/3 teilt. Das etwas kleinere Stück wird dann auch Hüftfilet genannt.

Der ausgelöste Tafelspitz ist bei uns ein klassisches Schmor-oder Koch-Fleisch. In Südamerika wird dieses Stück mit umgebener Fettschicht als „Picanha“ gegrillt. Dann allerdings bei niedrigen Temperaturen über einen längeren Zeitraum.

Ein gutes Stück zum rosa Garen ist auch das Bürgermeister oder Pastorenstück, welches in der Keule auf der Kugel sitzt.