Origin von Ben Shewry

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Meine neueste Errungenschaft im Kochbuch-Regal stammt von Ben Shewry. Ein eher ungewöhnliches Kochbuch, da es weniger eine reine Rezeptauswahl als Sammlung kurzer Geschichten aus dem Leben und Werdegang des Kochs ist. Die verschiedenen Gerichte bieten dabei eine jeweils passende Ergänzung mit hervorragenden Fotos.

Neben Kunst, Musik und Literatur ist auch die Gastronomie zu einem stilprägenden Element unserer Zeit geworden. Umso mehr, wenn verschiedene Richtungen miteinander verbunden werden. So wurde Ferran Adria 2007 zur Dokumenta eingeladen und David Loftus, der Hausfotograf von Jamie Oliver, zählt zu den 100 einflussreichsten Fotografen aller Zeiten. Es geht also mittlerweile um mehr, als nur das Gericht auf dem Teller.

Eine empfehlenswerte Dokumentation ist in diesem Zusammenhang die Serie „Back of house“. In 6 Teilen wird über den australischen Künstler Jeff Martin berichtet, der 12 der besten Restaurants der Welt besucht und deren Küchen auf Leinwand gemalt hat.

Ebenfalls aus Australien bzw. Neuseeland stammt der Koch Ben Shewry. Sein Restaurant „Attica“ wird in der Liste der 50 besten Restaurants in diesem Jahr auf Platz 32 geführt und mit „Origin“ ist nun sein erstes Kochbuch auf deutsch erschienen. Wobei Kochbuch eigentlich das Wesen des Buches nicht genau trifft, denn es ist eher eine Mischung aus Erzählungen aus dem Leben Shewrys mit den dazu passenden Rezepten.

Dabei ist es immer wieder faszinierend zu sehen, was neben der europäischen Küche in der Welt passiert. Umso erstaunlicher, da ich in diesem Buch Rezepte entdeckt habe, die ich ähnlich auch aus meiner Kindheit kenne. Zum Beispiel die Kombination von Aal und Speck („Schweinebauch mit Kresse und Aal“) oder Spargel mit Butter und Aromen von geräuchertem Schinken („Spargel mit Buttermilch und Räucheröl“).

Wenn man, wie ich, eine Kindheit erleben durfte, in der noch richtig gekocht wurde, findet man Parallelen auf der ganzen Welt: ehrliche, gute Produkte und passende, erprobte Zubereitungen. Zudem waren Themen wir Ökologie und Nachhaltigkeit für viele selbstverständlich, da nicht jede Zutat durch das Jahr hindurch verfügbar war. Der Speisenplan wurde dementsprechend angepasst und es wurde möglichst alles verwertet. Heute glauben ja viele, ein Schwein bestehe nur aus Kotelett und Filet.

Andere Rezepte im Buch zeigen natürlich eine völlig fremde, kulinarische Richtung, geprägt durch Australiens Flora und Fauna. Gerade diese Spannung zwischen Tradition und Moderne, bekannten und unbekannten Zutaten macht das Buch aus. Insbesondere weil die Rezepte durch kleine Geschichten miteinander verbunden werden. Geschichten, in denen Shewry über den Tellerrand hinaus blickt und seinen Anspruch dokumentiert, stets nachhaltig, umweltbewusst und mit Blick auf gesellschaftliche Probleme zu kochen. Hier zeigt sich die Qualität des Buches, da es eben nicht nur um Gastronomie geht.

Letztlich erfährt man viel über die Motivation Shewrys, Koch zu werden und wie unglaublich steinig und zeitintensiv (105-Stunden-Woche) der Weg in die kulinarische Weltspitze ist.
Einen sehr schönen Hinweis gibt er in einer kleinen Erzählung über seinen ersten und ihn sehr beeindruckenden Restaurantbesuch im „Roxburgh Bistro“:

„[…]wenn man gut gegessen hat, bricht man sich keinen Zacken aus der Krone, wenn man sich dafür bedankt, aber für die Küchenbrigade ist das sehr viel wert.“

Das gilt übrigens auch für Zuhause.