Sarah Wieners Speisezimmer

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Ein Programmpunkt des Food-Blog-Awards am letzten Wochenende in Berlin war ein Besuch in Sarah Wieners Restaurant "Speisezimmer". Dort gab es verschiedene Brotsorten und Aufstriche zum Probieren. Angeregt durch ein 100%iges Roggenvollkornsauerteigbrot (siehe linkes Foto - wobei dieses Brot vielleicht etwas flach ist) habe ich mich Zuhause daran gemacht, so ein Brot ebenfalls auszuprobieren.

Der eigentliche Clou ist, dass keine zusätzliche Hefe benötigt wird. Lediglich die wilden Hefen, die sich im Vollkornmehl befinden, lassen den Teig aufgehen.

Es ist wirklich faszinierend, dass nur mit Wasser, Roggenmehl, Salz und etwas Zeit ein wunderbar herzhaftes Brot gebacken werden kann. Für das Brot habe ich sehr fein gemahlenes Roggenvollkornmehl gekauft, welches durch den feinen Ausmahlgrad sehr gute Backeigenschaften hat.

Zum Rezept für zwei Brote mit etwa je 750 g:

Für den Sauerteigansatz:

50 g Sauerteig-Anstellgut (siehe hier -> klicken)
650 g feines Roggenvollkornmehl
650 ml warmes Wasser
zu einem feuchten Zeig zusammen rühren und 24 Std bei Zimmertemperatur stehen lassen. Dabei sollte sich das Volumen verdoppeln.

Am nächsten Tag:

Sauerteigansatz
350 g feines Roggenvollkornmehl
20 g Salz
Brotgewürz nach Wunsch (ich nehme eine Mischung aus gemahlenem Paradis- und Koriander-Körnern sowie etwas Kümmel.

Alles zusammen gut verkneten und in zwei kleine Gärkörbe geben. Nach 2 Stunden sollte sich der Teig wieder stark vergrößert haben.
Den Backofen auf 230 ºC vorheizen (ich backe im Dampfgarbackofen), die Brote vorsichtig auf ein Backblech geben, einschneiden und schnell in den Ofen schieben.
Nach 25 min die Ofentür öffnen und die Feuchtigkeit heraus lassen. Dann die Brote bei 180 ºC Umluft ca. 25 min fertig backen.

Mit der dunklen Kruste und feinen Säure passt das Brot übrigens perfekt zu Roastbeef.

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Misch- und Restebrot

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Sobald zu Hause erst einmal ein Sauerteig eingezogen ist, gibt es zwei Probleme:

Wenn einen die Back-Leidenschaft packt, beginnt man, soviel Brot zu backen, dass doch der ein oder andere trockene Brot-Rest übrig bleibt. Aber wer wirft schon selbst gebackenes Brot weg? Ein Brotsalat mit Tomate ist eine ganz nette Verarbeitungsmöglichkeit, aber meistens ist immer noch etwas altes Brot übrig.
Ein weiteres Dilemma ist, dass der Sauerteige durch das ständige Füttern, wie jedes Haustier, immer größer wird. Und auch da bringe ich es nicht übers Herz, was übrig ist, zu entsorgen.

Also habe ich ein Restebrot-Rezept entwickelt und dieses den Mengen angepasst, die an Sauerteig und altem Brot bei uns anfallen.

Das erstaunlich daran ist, dass dieses Brot keinesfalls ein geschmacklicher Kompromiss ist, sondern eher das Gegenteil. Das Brot ist extrem aromatisch und saftig ohne dass es innen zu klebrig ist. Zudem ist es auch noch nach einigen Tagen frisch. Ich vermute, dass die Krume mit dem alten verbackenen Brot die Feuchtigkeit nicht so schnell an die Kruste abgibt.

Wenn ich meinen Sauerteig einige Tage gefüttert habe (Rezept für Ursprungssauerteig siehe hier), backe ich daraus zum Beispiel ein Roggenmischbrot. Da ich hierfür jedoch nur jeweils etwa 20 g Sauerteig als Starter für den Vorteig sowie als Vorrat für die nächsten Backversuche benötige, verbacke ich den Rest in meinem "Restebrot".

Zuerst im Folgenden jedoch ein wunderbares Rezept für ein klassisches Roggenmischbrot. Die beiden Vorteige aus Roggen- und Weizenmehl müssen 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen.


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Rezept für Roggenmischbrot

350 g Roggenmehl Typ 1150 und
350 g Wasser sowie
20 g Sauerteig-Starter (s.o.) mit einem Löffel mischen und 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen.

350 g Weizenmehl Typ 550 mit
350 g Wasser und
2 kleinen Krümeln frische Hefe (Reiskorn-Größe) mischen und ebenfalls 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen.

Beide Teige in eine Küchenmaschine geben und
100 g Roggenmehl 1150 sowie
300 g Weizenmehl 1050 und
20 g Salz hinzu fügen. Nach Wunsch mit etwas Brotgewürz ergänzen (z.B. Koriander und Kümmel) und 8 min rühren lassen.

Etwa 1,5 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen, zwei Brote formen und diese längs oder kreuzweise 2 cm tief einschneiden. Weitere 30 min. gehen lassen und dann 20 min. im 230 ºC heißen Backofen mit Schwaden backen (ich benutze einen Dampfgarbackofen, alternativ eine Schale mit kochendem Wasser auf den Backofenboden stellen). Die Ofentür öffnen und den Dampf heraus lassen (ggf. die Schale entnehmen) und weitere 30 min. bei 180 ºC Umluft fertig backen. Auf einem Gitter auskühlen lassen.

Und falls von diesem Brot etwas übrig bleibt, folgt nun das Rezept für das Restebrot.

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Rezept für Restebrot

250 g Sauerteig (aus je 125 g Wasser und Roggenmehl)
150 g altes Brot - in möglichst kleine Würfel geschnitten
550 ml Wasser
1/2 Päckchen frische Hefe und
20 g Salz

Alles in einen hohen, großen Becher geben und 30 min einweichen lassen.
Die Masse mit einem Pürierstab so fein wie möglich mixen (noch besser funktioniert ein Standmixer) und alles in die Küchenmaschine füllen.

500 g Weizenmehl Typ 550 und
200 g Roggenvollkornmehl dazu geben und in der Küchenmaschine 8 min. kneten lassen.

Gär- und Backvorgang wie Roggenmischbrot (siehe oben).

Wenn der Sauerteig sehr flüssig ist, erhöhe ich die Menge an Weizenmehl um ca. 50 g und reduziere den Wasseranteil entsprechend.

Sauerteig

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Ich backe gerne Brot, bin dabei aber eher ungeduldig. Bisher habe ich eine Art Pseudo-Sauerteig-Vorteig aus 100 ml warmer Buttermilch und 50 g Roggen-Vollkorn verrührt und diesen Starter einen Tag lang stehen gelassen. Das daraus gebackene Brot wird ganz gut, allerdings leicht klitschig, wenn man zuviel Roggenmehl verwendet. Aber so ein dunkles Roggenbrot ist schon etwas Feines.

Und da dachte ich mir:
"Wer 3 Wochen lang Fleisch im Kühlschrank reifen lässt, sollte auch mal einen Sauerteig ansetzten".

Sauerteige müssen, ähnlich wie Haustiere, gehegt und gepflegt werden. Manchmal muss man nachts aus dem Bett, um Sie zu füttern oder zu streicheln (also umrühren) und mit der Zeit werden sie immer größer und fangen an, seltsam zu riechen. Das ist aber normal.

Außerdem haben Sie komische Namen: Spontansauer nach Spicher und Stephan (eine Alliteration!) oder Böker Reinzucht-Sauerteig. Das klingt ein bisschen nach einem Dressur-Pferd zumal gute Sauerteige eine große "Stehtoleranz" haben.

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In einem Buch habe ich also eine Anleitung zum Herstellen eines „Spontansauer nach Spicher und Stephan“ entdeckt. Das ist sozusagen der Anfang von allem und man muss seinen Tagesablauf in den kommenden Tagen nach dem Leben des noch jungen Sauerteigs richten:

Tag 1: 100 g Roggenvollkorn mit 200 ml Wasser mischen und 24 Std. bei 26-28 ºC stehen lassen.
Tag 2: 100 g Masse vom Vortag abnehmen, 100 g Vollkorn dazu und 200 ml Wasser. 24 Std. bei 26-28 ºC stehen lassen.
Tag 3: 100 g Masse vom Vortag abnehmen, 100 g Vollkorn dazu und 200 ml Wasser. 8 Std. bei 32-35 ºC stehen lassen.
Tag 4: 100 g Masse vom Vortag abnehmen, 100 g Vollkorn dazu und 200 ml Wasser. 16 Std. bei 26-28 ºC stehen lassen.

Man sollte den Start-Zeitpunkt also gut planen, damit man an Tag 4 nicht um 3 Uhr nachts mit dem Backen beginnen muss.

Doch dieser Sauerteig-Ansatz ist nur der Anfang, denn wir brauchen zum Backen eines Roggenbrots einen so genannten Vollsauer, also einen Sauerteig, den man vor dem Backen zum Mehl dazu gibt. Das dauert dann nochmals etwa 2-3 Tage aber zum Glück gibt es auch eine schnelle Version:


Die Berliner Kurzsauerteigführung von Pelshenke und Schulz.

Rezept: Roggen-Mischbrot mit 60% Roggenmehl-Anteil:

65 g des oben beschriebenen Anstellguts
325 g Roggenmehl 1150
290 ml warmes Wasser

Alles mit einem Löffel gut verrühren und in einem Behälter mit Deckel für 3-3,5 Stunden bei 35 ºC stehen lassen. Dafür habe ich meinen Ofen auf 40 ºC aufgeheizt und dann ausgeschaltet. Das hat für die drei Stunden gereicht.

Von dem fertigen Sauerteig können wieder 65 g abgenommen und bis zum nächsten Backen aufbewahrt werden. Der Ansatz hält sich im Kühlschrank bis zum erneuten Füttern etwa eine Woche.

Aus dem Rest wird der Brot-Teig hergestellt:

620 g Sauerteig in die Rührschale füllen.
270 g Roggenmehl 1150 und
400 g Weizenmehl 550 dazu geben.

1/2 Paket frische Hefe in
360 ml warmem Wasser auflösen und
20 g Salz dazu geben.
Brotgewürz nach Wunsch (z.B. Koriander-Samen und Kümmel)

Den Teig ca. 7 Minuten in der Küchenmaschine durchkneten. Den Teig mit einem Tuch abdecken und etwa eine Stunde gehen lassen. Er sollte sich deutlich vergrößern.
Mit wenig Mehl auf der Arbeitsplatte den Teig vorsichtig falten und ein oder zwei Brote formen. Diese eine weitere Stunde an einem warmen Ort gehen lassen.

Dann mit einem scharfen Messer ein Wunschmuster in den Teigling einschneiden und in den 230 ºC heißen Ofen mit Dampfschwaden schieben (ich benutze einen Kombi-Backofen, der auch Dampf erzeugt, alternativ eine Schale mit kochendem Wasser auf den Ofenboden stellen). Nach 20 Minuten den Ofen kurz öffnen, damit der Dampf entweichen kann, ggf. die Schale herausnehmen und weitere 30 min bei 180 ºC Umluft fertig backen.

Vor dem Anschneiden, das Brot komplett auskühlen lassen - eigentlich der schwierigste Teil des Rezeptes.
Die ersten beiden Brote habe ich noch mit 60 % Roggen-Vollkorn-Mehl gebacken, wobei die Brotkrume dann ziemlich kompakt wird.

Beim zweiten Versuch habe ich etwas feineres Roggenmehl benutzt (Typ 1150) und dadurch wird die Krume sehr schön feinporig.

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Etwas Sauerteig-Ansatz habe ich jetzt im Kühlschrank und der wird von mir jetzt gehegt und gepflegt.

Wenn die Kinder mal wieder drängeln, weil sie unbedingt einen Hund oder eine Katze wollen, ist so ein Sauerteig eine schöne Alternative zum Ausprobieren. Je nach Betrachtung sind Pilze und Milchsäurebakterien ja auch Tiere.