Menü mit 5 Geschmacksrichtungen - Dessert (bitter)

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Als Kind dachte ich, es gibt nur einen Weg, eine Pampelmuse zu essen: die halbierte Frucht wird mit einem spitzen Messer ringsherum und entlang der einzelnen Segmente eingeschnitten und dick, also richtig dick mit Zucker bestreut. Dann versucht man, die Pampelmusenfilets mit einem Löffel aus der Schale zu bekommen.

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Damals waren Pampelmusen auch noch richtig bitter und nicht so harmlos wie die heute verbreitete Grapefruit. Früher war überhaupt alles bitterer. Auch viele Gemüsesorten sind im Laufe der Zücht- und Kreuzungen milder geworden. So ist eine Grapefruit eine Kreuzung aus Orange und Pampelmuse, obwohl sprachlich nicht mehr so genau unterschieden wird.

Bitterer Geschmack ist nicht für jeden, der ihn schmecken kann, ein Genuss. Normalerweise warnen uns bestimmte Rezeptoren auf der Zunge vor bitteren Stoffen, da diese giftig sein können. Viele Kinder mögen daher auch keinen Brokkoli oder Rosenkohl.

Um einen bitteren Geschmack zu erkennen, stehen 25 verschiedene Rezeptor-Typen zur Verfügung. Die funktionieren im Prinzip wie ein Türschloss: der richtige Schlüssel, also Bitterstoff, öffnet sozusagen die Tür, so dass wir diesen Geschmack wahrnehmen. Sofern wir zu den Menschen gehören, die bittere Stoffe erkennen können.

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Bitterstoffe, wie zum Beispiel Glucosinolate, die für die schwefeligen Aromen von Kohl, Lauch oder Senf verantwortlich sind, dienen Pflanzen als Abwehr für Fressfeinde.
Bei Verletzung der Zellen, spalten sich die Glucosinolate in Zucker und einen schwefeligen Rest. Das erklärt übrigens auch, warum geschnittene Zwiebeln ihre Schärfe und Schwefelaromen verlieren, wenn man sie längere Zeit schmoren lässt. Dann tritt der enthaltene, frei gewordene Zucker mehr und mehr in den Vordergrund. Der Schwefel-Rest ist für tränende Augen und den oft unangenehmen Geruch verantwortlich.

Aber auch andere Pflanzen enthalten bittere Abwehrstoffe, die einen gewissen kulinarischen Reiz ausmachen können. So ist besipielsweise Absinthin, welches den Geschmack von Wermut verantwortet, ebenfalls ein glykosidischer Bitterstoff.

Mit Säure lässt sich bitterer Geschmack abschwächen, wenn dieser durch eine andere Stoffgruppe, den Polyphenolen angeregt wird. Das Ergebnis der Reaktion der beiden Stoffe kann von den Bitter-Rezeptoren nicht mehr so gut erkannt werden. So seltsam es also klingen mag: zusätzliche Zitronen- oder Milchsäure mildert die Oxalsäure-Wirkung von Rhabarber oder Sauerampfer.

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Ein bitteres Dessert für das Menü mit 5 Geschmacksrichtungen

Nach den bisherigen 3 Gängen (Vorspeise, Suppe und Hauptgericht) geht es heute also nach der kleinen Einführung um das Dessert.

Die im Dessert verarbeitete Grapefruit enthält sowohl verschiedene Glucosinolate (Naringin, Neohesperidin und Poncirin) als auch Polyphenole. Also gleich mehrere Bitterstoffe.
Wer das Dessert also massentauglich gestalten will, nimmt anstelle der Grapefruit lieber Orangen. Ansonsten wird die Grapefruit einfach nur filetiert.

Die Schokoladenmus, als zweite Komponente, enthält ebenfalls ganz spartanisch nur zwei Zutaten:

dunkle Schokolade mit mindestens 70 prozentigem Kakaogehalt (z.B. Valrhona Guanaja Noir 70%), sowie einen trockenen, gern tanninhaltigen Rotwein. Ein kleines Video zur Zubereitung, die extrem einfach ist, habe ich schon einmal veröffentlicht (-> klicken). Damals kam allerdings Glühwein neben der Schokolade in die Mousse.

Zusammen mit dem adstringierenden Rotwein, ist das Dessert insgesamt schon eine Herausforderung für den Gaumen. Und wem dies noch nicht reicht, der ergänzt das Alles durch ein bitteres Gel.

Rezept für ein Gel oder Perlen

400 ml bitteres Getränk (Bitter Lemon, Bier, Tonic Water, Campari oder Wermut)
5 g Agar Agar
1 g Xanthan (optional)

Alles zusammen glattrühren und einmal aufkochen. Dann abkühlen und im Kühlschrank schnittfest werden lassen. In einem Mixbecher glatt mixen (ohne zu viel Luft hinein zu mixen). Zum Servieren in eine Spritzflasche füllen.
Alternativ die noch warme Flüssigkeit mit einer Pipette in sehr kaltes Öl tropfen. So gelieren die Tropfen sofort zu kleinen Kügelchen, die von der Konsistenz an Forellen-Kaviar erinnern.

Um dem Dessert neben der bitteren Komponente schließlich noch einen Reiz des Trigeminus-Nervs zu verpassen, serviert man einen Espresso mit einem Hauch Chili. Sowohl bitter als auch Schärfe wird durch bestimmte Alkaloide (z.B. Coffein oder Capsaicin) verursacht. Deswegen ist das Spiel von Schokolade, Kaffee und Chili auch so interessant.

Bleibt nur noch ein süßer Abschluss des Menüs, um die fünf Geschmacksrichtungen zu vervollständigen. Was ist süßer als süß? Genau: Baklava!

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