Harzer Ceviche

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Stelle dich dem Endboss.

Was für Computer-Spiele gilt, gilt auch kulinarisch. Unsere Tochter hat Probleme mit der Konsistenz von Pilzen, bei mir ist der Gegner ein gut gereifter Harzer Roller, genauer gesagt: dessen Geruch.

Ich weiß, der Käse aus Magerquark ist gesund, denn er enthält kaum Fett dafür viel Eiweiß, aber olfaktorisch ist er für mich eine Herausforderung.

Möglicherweise entstand aus dieser Abneigung heraus ein bis heute bekanntes und beliebtes Gerichte. Denn für den hessischen Klassiker "Handkäs mit Musik" wird Sauermilchkäse in eine Mischung aus Essig und Öl mit Zwiebeln eingelegt. Vielleicht stellte sich der Erfinder die Frage: "Wie bekomme ich diesen penetranten Geschmack überdeckt?"

Die Vinaigrette sorgt dafür, dass die kräftigen Aromen des Käses kaschiert werden. Zwiebeln und Kümmel steuern zusätzlichen Geschmack bei, letzterer wirkt zudem musikalisch regulierend. Fans des Käses werden sagen, sein wunderbares Hautgout werde ergänzt.

Wie dem auch sei, ist das Einlegen des Käses eine gute Möglichkeit, dem Produkt mit offenem Visier entgegenzutreten.

Eine zweite Maßnahme, nicht vom intensiven Geschmack des Käses überwältigt zu werden, ist, ein noch nicht so lange gereiftes Exemplar zu verwenden. Man erkennt die Weichei-Version an dem deutlich sichtbaren Kern aus Sauermilch-Quark. Das Ausgangsprodukt des Käses ist in diesem Bereich noch nicht vollständig fermentiert. Das ist, nebenbei bemerkt, auch eine gute Idee bei der kulinarischen Auseinandersetzung mit einem reifen Hering. Nehmen Sie als Einstieg einen milden, holländischen Matjes.

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Apropos Fisch: Im Prinzip ähnelt die kulinarische Maskierung des Harzer Käses der Zubereitung von Ceviche. Auch hier wird der Fisch mit Säure und kräftigen Gewürzen gebeizt. Ursprünglich sicherlich auch aus dem Grund, um schon etwas länger verstorbene Meerestiere noch aufzufrischen.

Rezept für eingelegten Harzer Roller

Zutaten für 4 Personen

70 ml Weißweinessig
1 Zitrone
2 EL Honig
1 TL Senf - mittelscharf
150 ml Rapsöl

200 g Harzer Käse
1 Schalotte
1 Bd Schnittlauch
Prise zerstoßener Kümmel

Salz und Pfeffer aus der Mühle zum Abschmecken

Zubereitung

  • Für die Vinaigrette den Honig in einer Schale mit Weißweinessig, dem Saft der Zitrone und dem Senf glatt rühren.

  • Mit Salz, Pfeffer aus der Mühle und etwas zerstoßenem Kümmel abschmecken.

  • Mit einem Schneebesen kräftig rühren und dabei in einem dünnen Strahl das Rapsöl hineinlaufen lassen. So entsteht eine sämig gebundene Emulsion, die gut am Käse haftet.

  • Die Schalotte abziehen, von der Wurzel befreien und in sehr feine Würfel schneiden.

  • Die Würfelchen in die Marinade rühren.

  • Den Harzer Käse in die Marinade legen und mindestens einen Tag ziehen lassen. Am besten jedoch eine Woche.

  • Zum Servieren, den Käse auf gutes Sauerteig- oder Vollkornbrot mit guter Butter legen, etwas Marinade zufügen und mit feinen Schnittlauchröllchen bestreuen.

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Ceviche

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Sie kennen sicherlich die Regel, wenn es um die Vorbereitung von Fisch geht: säubern, säuern, salzen.

Das Säuern sollte in früheren Zeiten einen schon etwas länger gelagerten Fisch wieder-beleben. Doch auch fangfrische Exemplare können durch die Behandlung mit Säure kulinarisch gewinnen.

Bei Ceviche, dem peruanischen Nationalgericht, spielt Limettensaft die entscheidende Rolle. Für 400 g weißen Fisch benötigen Sie den Saft von drei Limetten und einen knappen halben Teelöffel Salz. Wenn Sie es mit der Tradition nicht so genau nehmen, geben Sie noch einen Teelöffel Honig dazu, gern eine Sorte aus Südamerika.

Gut gemixt entsteht eine Art Beize, in die der mundgerecht portionierte Fisch gelegt wird. Dessen Proteine denaturiert auf ähnliche Weise, wie es beim Garen mit Hitze der Fall ist. Es tritt etwas Wasser aus und zusammen mit dem Sud entsteht nun eine magische Sauce, die in Peru „Leche de Tigre“ genannt wird. Lassen Sie sich von dem Namen nicht abschrecken, die Tigermilch schmeckt wunderbar.

Nach etwa 10 Minuten können Sie den Fisch zusammen mit dünn geschnittenen Zwiebelringen, frischem Koriander und Chili servieren. Fertig ist das perfekte Sommergericht.

Eine kleine Anmerkung:

Meine eigentliche Kolumne von heute drehte sich um eine Meldung vom 16.8.2020. An diesem Tag wurde im Death Valley eine rekordverdächtige Temperatur von 54,4 °C gemessen. Der Text eignete sich aber nicht besonders gut für diesen Blog, sodass ich hier und heute mit dem Thema "Ceviche" auf eine etwas ältere Ausgabe der Kolumne zurückgegriffen habe.

Wer die neueste Kolumne (vom 29.8.2020) lesen möchte, klickt hier.