Sternschuppen II

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Mit Anja war ich vor ein paar Tagen im Restaurant "Ole Deele" in Großburgwedel.

Dort wurde deutlich, welchen Spagat die heutige, hochwertige Gastronomie vollziehen muss: zum einen versucht man, einen künstlerischen Aspekt zu erfüllen, zum anderen geht es natürlich trotz allem darum, ein Grundbedürfnis, nämlich Hunger, zu befriedigen. Wie der Name schon sagt: Gastronomie (griech.) = Gesetz des Bauches.

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Ein Besuch in einem guten Restaurant mit mehrgängigen Menü ähnelt dem Besuch eines Theaters. Das fängt beim Anrichten der Teller an und endet beim Spannungsbogen über die verschiedenen Gänge hinweg.

Interessant ist dabei, wie sehr unser Geschmack uns lenkt und unkontrollierbar beeinflusst. Wer zum Beispiel, wie Anja, Koriander hasst, weiß, wie sehr einem schon eine kleine Menge davon das ganze Menü verderben kann. Manchmal treten auch Kindheitserinnerungen durch bestimmte Aromen hervor. Wenn ich beispielsweise Zimt rieche, denke ich bis heute an den Milchreis meiner Oma.

Und somit mischen sich beim Essen viele Eindrücke, Gewohnheiten und Vorlieben mit dem Bedürfnis, satt zu werden. Und das macht den Genuss eines Menüs komplexer als den Besuch eines Theaterstücks.

Doch nun zum Besuch des "Ole Deele", um von der Theorie zur Praxis zu kommen:

+ schönes Ambiente
+ aufmerksamer Service
+ junges, engagiertes Team - die Köche servieren einige Gänge selbst und erklären diese
+ tolle Ideen und aromatische Kombinationen
+ schön angerichtete Teller
+ überzeugender Auftakt aus Amuse-Gueule, Vorspeise und Zwischengang

- teilweise für mich zu salzige Komponenten, Anja fand es aber noch o.k., für Anja zu viel Koriander, fand ich aber noch o.k.
- zu ausufernde Erklärungen zu Champagner und Wein - das kann ich mir nicht merken, und ich kenne nicht einmal die Hälfte der Begriffe
- Hauptgang und Dessert schwächer als die restlichen Gänge - wir hatten das Gefühl, dass gegen Ende die Ideen und der Spannungsbogen etwas verloren ging.
- merkwürdiges, gelbliches Licht (Energiesparlampen?) - daher sind die Bilder etwas trüb und verrauscht.

Insgesamt viele gute Ansätze. Sehr schön fanden wir die Verwendung und Zubereitungsarten von teils einfachen aber im Zusammenhang ungewöhnlichen Produkten wie gebratenen Salatherzen, Kichererbsen, eingelegtem Chicorée oder Lauch.

Natürlich ist bei allem noch Luft nach oben, denn einige Ideen können noch konsequenter zu Ende gedacht werden. Ein Sous-Vide gegartes Stück Rindfleisch aus der Schulter, mit einem Kohlblatt umwickelt, ruft bei mir noch nicht die Erinnerung an eine Kohlroulade hervor, auch wenn uns der Koch diese Assoziation nahe legte.

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