Fleischreifung mit Fisch-Sauce

Bild 14.08.14 um 14.58


Kürzlich stieß ich auf einen Hinweis in dem Buch "Modernist Cuisine at Home", man könne den Reifeprozess von Rindfleisch durch Einwirken von Fischsauce beschleunigen. Zudem werde der durch Glutamat erzeugte fleischige Geschmack verstärkt. Wichtig sei, dass die Sauce einen hohen Anteil an Stickstoff habe. Der Clou dabei: das Fleisch schmecke angeblich nicht nach Fisch.

Nach langer, intensiver Recherche vor dem gut sortierten Regal im Asia-Laden, die Verkäuferin wirkte schon etwas irritiert, fand ich Fisch-Sauce aus Vietnam mit 35 º N (die Angabe für den Stickstoff-Gehalt). Hergestellt nur aus fermentierten Sardellen und Salz - ohne weitere Zusatzstoffe.

Für dieses Experiment habe ich drei Steaks aus einem schönen Stück Roastbeef geschnitten und für drei Tage im Gemüsefach bei 2 ºC gelagert.

Dabei wurden sie folgendermaßen vorbereitet:

Stück 1: Mit Fischsauce vakuumiert (3% Sauce bezogen auf das Fleisch-Gewicht)
Stück 2: Mit Fischsauce bestrichen - am nächsten Tag den Vorgang noch einmal wiederholt
Stück 3: nur gesalzen

Dazu fiel mir eine kleine Geschichte ein.

Vor einigen Jahren, meine Kochleidenschaft war noch recht frisch und die Herangehensweise dementsprechend unerfahren, habe ich meine Eltern zum Grillen eingeladen.
Da es nicht leicht ist, einen gestandenen Fleischermeister (meinen Vater) in dieser Disziplin zu beeindrucken, hatte ich die unglaublich innovative Idee, ein Stück Rinderfilet in Fisch-Sauce einzulegen. So ein bisschen "Asia-Style". Also habe ich eine Schale mit ordentlich Sauce gefüllt und das Fleisch dort hinein gelegt.

Zugegebenermaßen war der Geruch schon etwas gewöhnungsbedürftig, als ich das Stück aus der Sauce nahm. Davon ließ ich mich jedoch nicht abschrecken und legte das Fleisch direkt auf den Grill.
Mein Vater blickte etwas irritiert, als der die ersten, sagen wir mal, Düfte vom Grill wahrnahm. Als ich das Filet dann stolz auf Tellern servierte, beugte er sich leicht vorn über und zuckte reflexartig mit den Worten zurück: "Oh, Junge, dass ist nicht mehr gut."

Dabei fragte er sich möglicherweise was falsch gelaufen sei, wenn sein Sohn ihm ein vergammeltes Stück Fleisch grille und dies nicht mal merke. Meine Anmerkung, ich hätte das Fleisch in Fischsauce mariniert, machte die Sache nicht besser.

Damals hatte ich Experimente dieser Art erst einmal hinten an gestellt. Aber angeregt durch den Artikel in besagtem Kochbuch, vor einigen Tagen wieder aufleben lassen.

Diesmal verwendete ich Fischsauce aus Vietnam (nước mắm), die nur aus Sardellen und Salz hergestellt bzw. fermentiert wird. Beim Kauf sollte man darauf achten, dass die Sauce ohne weitere Zusätzen wie Zucker oder Farbstoffen auskommt. Je höher der Stickstoff-Gehalt (z.B. 35 ºN), desto besser.

Bild 12.08.14 um 21.26


Wie schon gesagt, wurde ein Steak mit Fischsauce vakuumiert, eines damit eingestrichen und eines zum Vergleich nur gesalzen.
Nach drei Tagen habe ich das vakuumierte Steak ausgepackt und alle drei Stücke etwa 2 Stunden bei Zimmertemperatur liegen lassen. Anfangs waren bei dem vakuumierten Fleisch noch leichte Nuancen der Fischsauce wahrnehmbar, diese verflüchtigten sich jedoch und waren beim Grillen vollkommen verschwunden.

Nach dem Grillen habe ich das Fleisch auf 55 ºC Kerntemperatur ziehen lassen und dann angeschnitten:

Bild 14.08.14 um 14.45

Bei dem gesalzenen Stück rechts sieht man den etwas breiteren, grauen Rand, bedingt durch das Salzen drei Tage vorher. Bei Pökelfleisch wird daher übrigens Nitrit verwendet, da das Fleisch dadurch rosa bleibt. Möglicherweise bleibt der rosa Farbton des Myoglobins auch durch den Stickstoff in der Fischsauce stabil (siehe Fleischanschnitt links).

Doch nun zum Ergebnis des Tests:

Wir haben zu sechst probiert (mein Vater war auch dabei - er hatte das Erlebnis damals wohl vergessen oder verdrängt) und waren uns einig: Alle drei Stücke waren gleich zart und saftig. Beim Anschnitt lief so gut wie keine Flüssigkeit aus dem Fleisch. Ein Unterschied war lediglich darin fest zu stellen, dass das gesalzene Steak etwas salziger schmeckte, dafür aber an der gerösteten Oberfläche etwas weniger nach gegrilltem Rindfleisch als die mit Fischsauce behandelten Stücke.

Um festzustellen, ob man durch die Fischsauce den Reifeprozess beschleunigen kann, müsste man ein frisches Stück Rindfleisch verwenden. Die von mir verwendeten Steaks waren schon (zu) gut gereift.
Die Fischsauce ist jedoch eine interessante Variante zum Würzen des Fleisches, da es so behandelt, keine weitere Zugabe von Salz erfordert. Der herzhafte Geschmack von Rindfleisch wird verstärkt, denn die fermentierte Fischsauce ist eine konzentrierte Quelle an verschiedenen Aminosäuren insbesondere Mononatriumglutamat. Diesen Effekt nutzen übrigens auch Soja-Sauce oder Flüssig-Würze aus Weizen-Eiweiß.

Fischsauce war unter dem Namen Garum oder Liquamen schon im alten Rom bekannt und geschätzt. Im Mittelmeer-Raum wurden später jedoch statt dessen gesalzene Sardellen (Anchovies) verwendet. Diese zerfallen beim Braten oder Kochen und geben bei sparsamer Zugabe eine angenehme Würze.
Da mir im Supermarkt ein kleines Gläschen mit gesalzenen Sardellen in die Hände fiel, habe ich auch damit einen kleinen Versuch unternommen. Die Sardellen mit dem Mörser zermahlen, das Fleisch bestrichen und vakuumiert. Das Steak schmeckte danach jedoch zu stark nach Fisch, da die entstandene Paste immer noch zu grob war. Vielleicht werde ich in dieser Richtung aber noch etwas weiter forschen.


Bild 15.08.14 um 19.36

Für das nächste Experiment werde ich Steaks mit Fischsauce bestreichen, 24 Std. im Kühlschrank liegen lassen und dann diese Garmethode (-> klicken) anwenden. Zuvor beginnt jedoch eine neue Themen-Woche. Die nächsten Blog-Einträge kommen von der schönsten deutschen Insel: Mallorca!