Schlotziges Sauerkraut

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Was ist eigentlich aus dem guten, alten "Mit-Mehl-Bestäuben" geworden? Oder anders gefragt: Warum ist das Binden von Saucen mit einer Mehlschwitze so verpönt?

Völlig zu unrecht sprach man ab einem bestimmten Zeitpunkt der kulinarischen Entwicklung von "dicken Mehlpampen" zu dem eine Saucen angeblich durch das Andicken mit einer Roux verkam. Stattdessen galt mit Blick ins Reich der Mitte als Schick, Flüssigkeiten mit Stärke anzudicken. Aber wenn davon zu viel verwendet wird, ist das Ergebnis ebenfalls überhaupt nicht lecker. Sie kennen bestimmt die glasig, fast puddingartigen Saucen, die in machen Restaurants die sieben Kostbarkeiten begleiten.

Wie bei allem macht die Dosis das Gift.

Der große Vorteil der Verwendung von etwas Mehl zur Bindung von Flüssigkeiten und Fetten, ist neben der Möglichkeit, Farbe ins Spiel zu bringen, auch die geschmackliche Komponente. Im Gegensatz zu reiner Stärke, die nur aus Kohlenhydraten besteht, ist in Mehl aus Weizen auch Gluten enthalten. Wie der Name "Glutamat" schon erahnen lässt, ist Weizen-Eiweiß die Grundlage von vielen herzhaften Würzsaucen. So regt Soja-Sauce, die meistens auch aus fermentiertem Weizen besteht, den fünften Geschmackssinn an. Und je mehr Geschmackssinne angeregt werden, desto mehr passiert im Mund. Und das ist gut so.

Eine leichte Bindung und Beschleunigung der röstigen Aromen hat auch bei einem herzhaften Sauerkraut Vorteile. Je länger man sich also Zeit nimmt und je näher man sich an die Grenze zum Verbrannten wagt, desto intensiver wird der Geschmack des Krauts. Wie bei einer dunkeln Roux, also Mehlschwitze, darf die Temperatur zwar nicht zu hoch, muss jedoch ausreichend sein, um Röststoffe zu bilden. Eine Prise Natron* hilft übrigens, die Bräunungsreaktion zu beschleunigen und fällt beim hohen Säuregehalt des Krauts nicht unangenehm auf.

Für ein geschmortes Sauerkraut, dass in meiner Familie gern zu den traditionellen Schlesischen Weihnachtsweißwürstchen serviert wird, benötigen Sie folgende Zutaten:

50 g Butterschmalz
600 g mildes Sauerkraut
100 g Bauchspeck
1 große Zwiebel
1 EL Mehl
1 Liter Rinderbrühe
2 Lorbeerblätter
½ TL Kümmel
1/2 TL Natron*

  • Die abgezogene, halbierte Zwiebel in feine Streifen schneiden, den Speck würfeln.
  • Beides in einem Topf mit 50 g Butterschmalz anschwitzen. Optional etwas Natron oder Backpulver dazu geben.
  • Mit Mehl bestäuben und weiter anrösten.
  • Das abgetropfte Sauerkraut, die Lorbeerblätter und den Kümmel zufügen.
  • Das Kraut am Topfboden leicht anrösten lassen und wie bei einem Risotto immer wieder umrühren und Brühe zufügen, sobald der Röstansatz droht, zu dunkel zu werden.
  • Alles etwa eine halbe Stunde simmern lassen, bis das Kraut schon sämig ist.

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  • Wissen für Klugbeißer: Zwiebel und auch Sauerkraut wird schneller gebräunt, wenn man beim Anbraten eine Prise Natron (Natriumhydrogencarbonat) dazu gibt. So werden die Zellwände schneller aufgebrochen und geben den Inhalt frei. Auch die Maillard-Reaktion, die für Geschmack und Bräunung zuständig ist, läuft in alkalischem Milieu mit hohen pH-Werten schneller ab. Einfach gesagt zum Merken: Basisches Backpulver beschleunigt Bräunung.