Fett verpulvern - und Geld

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In Zeiten, in denen es um Müllvermeidung, ökologischen Anbau von Nahrungsmitteln und verantwortlichen Umgang mit Ressourcen geht, sind mir manche Produkte, mit denen der Einzelhandel überflutet wird, ein Gräuel. Das beste Beispiel für sinnlosen Müll, der sich erstaunlicherweise auch noch hervorragend verkauft, ist ein Produkt, das in der Sendung "Die Höhle der Löwen" vorgestellt wurde:

Verpulvertes Palmfett in einer Wegwerf-Streudose – unsinniger geht es nicht.

Angepriesen wurde diese "Erfindung" von zwei jungen, hoch motivierten Business-Strebern, die es vermutlich als Innovation ansehen, aus Öl ein Pulver herzustellen.
Das ist aber nicht neu. Wahrscheinlich hat es sogar jeder 2. Haushalt im Küchenschrank stehen: Brühepulver, um nur eines der unzähligen Beispiele zu nennen.

Die Grundidee, neben einer gewissen Bequemlichkeit für den Konsumenten, liegt nämlich darin, dass trockene Produkte länger haltbar sind und sich besser transportieren lassen. Fügt man dann die Flüssigkeit hinzu, erhält man ein ähnliches Produkt, wie vor dem Trocknungsprozess. Das funktioniert bei Konzentraten für Getränke oder eben bei getrockneten Fertigsuppen.

Um Fett zu verpulvern, gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste besteht darin, es mit bestimmten Kohlenhydraten zu mischen. Diese werden auf der Packung mit "Maltodextrin" gekennzeichnet. Maltodextrin ist ein Gemisch aus verschieden langen Glucose-Ketten und diese haben unter anderem die Eigenschaft, Fett zu binden. Maltodextrin schmeckt im Gegensatz zu kurzen Kohlenhydrat Ketten (z.B. Glucose oder Fructose) nicht süß. Man kann also massenhaft davon in Iso-Getränken oder Brühepulvern unterbringen, ohne den Geschmack zu verändern. Wohl aber den Umsatz, nach dem Motto: "Viel hilft viel".

Im Fall des erwähnten Bratfettstreus wird das enthaltene Fett jedoch auf eine andere Art pulverisiert. In der Dose ist hauptsächlich Palmöl enthalten. Das aus der Frucht der Ölpalme gewonnene Öl besteht zu über 80 % aus gesättigten Fetten. Gesättigte Fette haben die Eigenschaft, fester, als ungesättigte zu sein.

Einfach gesagt: Je höher der Anteil an gesättigten Fetten, desto fester ist bei höheren Temperaturen das Produkt. Daher ist Oliven- oder Rapsöl bei Zimmertemperatur flüssig, Palmfett oder Butter dagegen streichfähig.

Richtig fest werden diese Fette, wenn man sie beispielsweise dünn ausstreicht und aushärten lässt. Wer schon einmal Leinöl auf ein renoviertes Holzmöbel gestrichen hat, kennt den Effekt. Das Öl hinterlässt nach dem Aushärten eine dünne, glasartige Schicht. *

Gibt es nun Jemanden, der meint, es wäre gut für Körper, Geist und Seele, Palmöl dünn zu verstreichen, es dann zu zermahlen, um es anschließend auf ein Steak zu streuen? Nein, denn es erfüllt nur einen Zweck: das Geld des Käufers zu verpulvern.

Dem Pulver wird übrigens auch noch Lecithin beigemischt, damit es beim Braten von wasserhaltigen Lebensmitteln nicht so stark spritzt. Dieses Prinzip wurde ursprünglich für Margarine entwickelt. Lecithin, welches in großen Mengen in Sojabohnen, Eigelb oder auch Milch vorhanden ist, stabilisiert Emulsionen aus Fett und Wasser. Zudem stabilisiert Lecithin auch feste, wasserunlösliche Stoffe in wässriger Umgebung, also eine Suspension.

Was nach all dem bleibt, ist die Tatsache, dass man mit dem erwähnten Pulverfett eine Mischung aus gehärteten Fetten und Lecithin auf sein Fleisch oder die Bratkartoffeln streuen soll, um es anschließend in die Pfanne zu legen. Guten Appetit!

Als Markenbotschafter wurde Christian Rach gewonnen, der auf die unglaubliche Idee kam, das Fettpulver auch gleich mit Salz und Pfeffer oder anderen Gewürzen zu mischen. Man fühlt sich ein bisschen wie das Kind in "des Kaisers neue Kleider", würde man einwenden, dass man sein Steak doch genauso gut würzen und mit etwas Rapsöl einstreichen könnte, bevor es in der Pfanne lande. Aber damit gewinnt man natürlich keine "Pitch", wie es die Investoren in der Hölle der Löwen nennen.

Schlussendlich ein paar Tipps für den sinnvollen Umgang mit Bratfett:

- Wenn das Lebensmittel, dass Sie braten wollen, ohnehin einen hohen Fettanteil enthält, benötigen Sie kein zusätzliches Öl. Braten Sie eine Entenbrust, ein Steak mit hohem Fettanteil, Buletten oder Bacon einfach pur an. Alles, was auf einem Grill zubereitet werden kann, lässt sich auch ohne Fett in der Pfanne anbraten.
- Eine gute, beschichtete Pfanne hilft ebenfalls, Fett zu sparen. Gerade bei Eierspeisen spielt die Pfanne ihre Vorteile aus.
- Geben Sie das Fett vor dem Braten auf die Lebensmittel. So lassen sich Zwiebelwürfel, Bratkartoffeln oder Fleisch mit einem dünnen Ölfilm benetzen.

Ab und zu brauchen Sie einfach richtig viel gut temperiertes Fett: Schnitzel, Pommes, Falafel oder Fisch im Bierteig muss in Fett schwimmen. Danach auf einem Gitter abtropfen lassen und mit Küchenpapier abtupfen.

Apropos "richtig viel". Die Zutatenliste auf Fertigprodukten beginnt immer mit der mengenmäßig größten Zutat. In der Gemüsebrühe sind dies Salz, Mononatriumglutamat und Palmfett. Dagegen befinden sich insgesamt 2,8 % Gemüsesorten darin. Vielleicht darf der Hersteller es deswegen auch nicht "Gemüse"-Brühe nennen. Auf der Packung steht daher lediglich "Delikates-Brühe".

Zum Schluss mein Tipp für alle, die noch verkrampft nach einem Start-Up-Produkt für einen Auftritt in der Löwenhöhle suchen:

Delikate Palmölbrühe - jetzt neu: mit viel Glutamat und Salz.

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* Industriell lassen sich tierische und pflanzliche Fett mit einem Verfahren nahmen "Hydrierung" härten und verfestigen. Dabei wird der Schmelzpunkt erhöht, indem die ungesättigten Fettsäuren mittels Wasserstaoff und Nickel als Katalysator unter Druck gerührt, filtriert und raffiniert wird.