Taubenbrust

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Mein Schwiegervater hat sich im Laufe der Zeit ein umfangreiches Netzwerk aufgebaut.

Waschmaschine defekt und nur ein schmales Budget für eine neue? Seeger Elektrogeräte hilft schnell und unkompliziert.
Lust auf Matjes oder Hering? Er kennt da einen russischen Händler.

Oft muss man gar nicht so weit in die Ferne schweifen und so beglückt er mich hin und wieder mit ausgefallenen Lebensmitteln aus der Region oder weiß Rat, wenn etwas kaputt geht.

„Torsten, ich muss demnächst nach Vechelade. Soll ich auf dem Weg ein paar Tauben mitbringen? Ich mache sie dir auch küchenfertig.“ Wer kann dazu schon nein sagen. Obwohl mein Schwiegervater den Begriff „küchenfertig“ großzügiger auslegt als ich.

Trotzdem hat es mich gereizt, da Anja und ich vor ein paar Wochen im Restaurant Aqua ein fantastisches Taubengericht genießen durften. Die Taube stammte vom französischen Züchter Jean Claude Miéral und ein Blick ins Internet ergab einen stolzen Preis von etwa 21 € pro Taube. In Vechelade kostet ein Täubchen übrigens 2 €.

Dafür bekommt man die Tauben schlachtwarm mit Federkleid. Trotz des gerade populären „from nose to tail“-Gedanken macht es Sinn, die Flügel, den Kopf und schließlich die Haut samt Federn von der Karkasse zu entfernen. Man spart sich das aufwändige Rupfen der Vögel und muss nur noch nur das Brustfleisch und die Keulen auslösen. Der Begriff „Keule“ ist allerdings stark übertrieben, „Keulchen“ trifft es eher. Auf diesem Weg umgeht man auch das Ausnehmen der Tiere.

Aus den Keulchen habe ich eine Rotwein-Jus mit Balsamico und Sojasauce gekocht, die Taubenbrüste zunächst 30 min. sousvide bei 55 °C gegart, anschließend in einer heißen Pfanne sehr kurz in etwas Butterschmalz angebraten.

Die Beilagen sind spontan entstanden: Aubergine, Kichererbsen, Birne, Pfifferlinge, Speck, Zwiebel, Knoblauch, Amaranth und Petersilie. Gewürzt mit Ras el hanout, Oreganoblüten und schwarzem Sesam.

Das Rezept als pdf zum Download: Taubenbrust

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Pastrami

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Die Zubereitung eines Pastramis, also einer gepökelten, geräucherten, gekochten und zuletzt noch gedämpften Rinderbrust, lässt entweder auf einen völlig konfusen Koch schließen oder aber auf zähes Fleisch. Doch wie immer im Leben gibt es nicht nur schwarz oder weiß und so machen die verschiedenen Arbeitsschritte unter bestimmten Gesichtspunkten sogar Sinn.

Das Ergebnis jedenfalls scheint außergewöhnlich zu sein. Wer sich noch an den Film "Harry und Sally" erinnert, kennt sicherlich die berühmte Szene zu deren Abschluss die ältere Dame am Nebentisch sagt: "Ich will genau das, was sie hat".

Die beiden Protagonisten sitzen im "Katz´s Deli" in New York und verspeisen ein Pastrami-Sandwich. Die Rinderbrust, die in dünnen Scheiben auf einem Roggenbrot serviert wird, ist weich und saftig, sie zerfällt im Mund aber nicht schon beim Zerschneiden.

Dies ist die hohe Kunst, denn einen Braten komplett zerkochen, kann jeder. Aber den perfekten Zeitpunkt zu treffen, in dem das Fleisch zwar noch intakt jedoch trotzdem saftig und butterzart ist, zeigt die wahre Kunst der Zubereitung.

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Zurück zur Zubereitung eines klassischen Pastramis:

Ausgangsbasis ist, wie schon erwähnt, ein Stück Rinderbrust. Dieses Stück wird auch zur Zubereitung von Corned Beef verwendet und weist, bedingt durch lange Muskelfasern, eine eher feste Struktur auf. Für die Body-Builder unter den Lesern: die Rinderbrust besteht aus zwei Muskeln namens pectoralis ascendens (1) sowie pectoralis descendens et transversus (2).

Für ein klassisches Beef Brisket, wie es bei einem traditionellen BBQ zubereitet wird, teilt man die Rinderbrust in Point (1) und Flat (2). Im Katz´s wird das komplette Brisket für ein Pastrami verwendet. Die Fettschicht zwischen den beiden Muskeln lässt das Fleisch saftiger wirken.

Die Rinderbrust wird einige Tage in einer Brine (eine Art Lake) aus verschiedene Gewürzen und vor allem Pökelsalz und Zucker eingelegt, welche manchmal auch in das Fleisch injiziert wird. Danach wird es für zwei weiterer Tage im Kühlschrank gelagert und leicht getrocknet (zum Durchbrennen).

Im Anschluss wird das Fleisch mit einer kräftigen Schicht aus grobem Pfeffer und anderen Gewürzen eingerieben und etwa 6 Stunden bei ca. 107 °C geräuchert. Wenn die Rinderbrust eine Kerntemperatur von etwa 70 °C erreicht hat ist sie meistens noch recht fest im Biss. Sie wird nun noch einmal einige Tage im Kühlschrank gelagert und schließlich so lange gedämpft, bis das Fleisch zart ist. Dieser letzte Vorgang dauert noch einmal etwa zwei Stunden.

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Hier nun die gute Nachricht für alles, die nicht soviel Zeit aufwenden möchten. Der ganze Prozess lässt sich abkürzen. Hier mein Rezept für ein verhältnismäßig schnelles Pastrami:

Zutaten:

1 kg Bürgermeisterstück vom Rind

Pökelmischung (pro kg Fleisch):

25 g Nitritpökelsalz
15 g Zucker
3 g Pfefferkörner
2 Lorbeerblätter
2 Nelken
2 g Koriander
2 g Senfkörner
1 g Fenchelsamen
1 MSP Zimt
2 ml Flüssigrauchkonzentrat

Alle Zutaten in einen Mörser geben und mittelfein zermahlen. Die Gewürzmischung in einen großen Gefrierbeutel füllen und das Fleisch zufügen. Nun die Öffnung gut zuhalten und den Beutel vorsichtig schütteln und kneten, bis die Gewürze gleichmäßig auf dem Fleisch verteilt sind.

Die Luft größtenteils aus dem Beutel streichen und verschließen. Wer ein Vakuumiergerät besitzt, kann dieses mit passendem Beutel nutzen, ansonsten liegt der Trick darin, den Beutel unter Wasser zu drücken. Dabei darf natürlich kein Wasser in die Tüte gelangen. Nach und nach wird beim Eintauchen die Luft aus dem Beutel gedrückt und dieser lässt sich dann leicht verschließen.

Den Beutel für drei Tage in den Kühlschrank legen.

Danach den Beutel im Sous-Vide-Bad bei 58 °C ca. 3 Stunden garen. Alternativ das Fleisch aus dem Beutel herausnehmen und im Backofen bei 80 °C bis zu einer Kerntemperatur von 58 °C garen.

Vor dem Servieren, das Bürgermeisterstück rundherum kräftig mit grob geschrotetem Pfeffer einreiben. In dünne Scheiben schneiden und warm oder kalt genießen.

Für die leidenschaftlichen Griller unter den Lesern, für die diese Zubereitung der Untergang des Abendlandes bedeutet noch ein paar Anmerkungen zur Beruhigung:


1. Auswahl des Fleisches

Für ein Pastrami muss nicht unbedingt eine Rinderbrust verwendet werden. Im Prinzip kann man jedes Stück vom Rind auswählen. Je zarter das Fleisch, desto kürzer die Zubereitung. Ein Rinderfilet kann in kürzerer Zeit gepökelt werden und ist natürlich auch viel schneller gegart. Es benötigt geringer Temperaturen, um zart und saftig zu sein und enthält es kaum Kollagen, welches erst durch langes Garen in weiche Gelatine umgewandelt werden muss. Allerdings hat ein Filet keinen so intensiven Fleischgeschmack und schmeckt oft etwas langweilig.

Ein guter Kompromiss zwischen Geschmack und Zubereitungszeit, ist das von mir sehr geschätzte Bürgermeisterstück aus der Keule des Rindes.

2. Abkürzen der Pökel- und Räucherzeit

Natürlich kann man das Fleisch nach dem Pökeln klassisch im Grill räuchern. Die Verwendung von Liquid Smoke, also einem flüssigen Rauchkondensat, ist jedoch etwas schneller und kann vom geschmacklichen Ergebnis her durchaus mithalten.

Der Garprozess lässt sich zudem viel leichter steuern und kontrollieren, denn einen Grill über lange Zeit konstant auf einer bestimmen Temperatur zu halten, ist gar nicht so einfach. Zumal auch die verwendeten Räucherspäne sauber abbrennen müssen.

Ein zweiter Aspekt, den Pökelprozesses abzukürzen, ist, das verwendete Fleisch nicht in eine sehr konzentrierte Lake zu legen. Stattdessen füge ich die Salzmenge entsprechend des Fleischgewichts (2,5 %) zu. So muss das Fleisch später nicht mehr gewässert werden, was wiederum das Durchbrennen überflüssig macht.

3. Sous-Vide statt dämpfen

Es ist ein Irrglaube, dass Fleisch beim Dämpfen nicht trocken werden kann. Mit annähernd 100 °C übertragt Dampf die Hitze sehr effizient und das Fleisch ist schnell übergart. Im Sous-Vide-Bad oder auch im Backofen bei geringen Temperaturen, ist die Gefahr des Übergarens und somit auch Austrocknens geringer.

Zudem kann man direkt den Beutel verwenden, in dem das Fleisch zum Pökeln gelegen hat. Die Gewürze müssen nicht abgewaschen werden.

4. Servieren

Wenn das Fleisch gegart ist, reibe ich es kurz vor dem Aufschneiden mit grob geschrotetem Pfeffer und etwas Salz (0,5 %) ein. Die sehr flüchtigen Aromen des Pfeffers sind so am intensivsten.

Wer ein bisschen experimentieren möchte, kann die klassische mit der schnellen Vorgehensweise kombinieren. Für festere Fleischstücke werfe ich noch einen oft unterschätzten Schnellkochtopf mit Dämpfeinsatz in den (Zubereitungs-)Raum.

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Richtig Salzen für das perfekte Steak

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Als mein Schwager seinen 50sten Geburtstag gefeiert hat, standen zur Deko auf den Tischen kleine Fläschchen mit Blausalz herum. Eines davon habe ich mitgenommen und für das hier verarbeitete Steak zum Salzen verwendet. Ich schreibe dies nur, damit keiner glaubt, ich würde extravagante Salze bevorzugen.

Die blauen Kristalle dieses Salzes resultieren aus einem höheren Anteil an Kaliumchlorid. Annähernd 98 % sind jedoch schnödes Natriumchlorid. Wie übrigens bei jedem im Handel erhältlichen Speisesalz, egal wie das Salz auch eingefärbt wurde, ob schwarz (Asche), ob rot (Tonerde) oder - ganz verrückt - grün (Pflanzenteile). Einhergehend mit der Farbe, ketzerisch würde ich sagen, mit der Verunreinigung des Salzes, steigt auch der Preis desselben in ungeahnte Höhen.

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Um noch mit zwei weiteren Salz-Mythen aufzuräumen:

1. Himalayasalz kommt aus einer der weltgrößten Salzminen in Pakistan, ca. 200 km südwestlich des Himalayagebirges. Die rosa Farbe des Salzes stammt von etwas Gips, einigen Sulfaten und ebenfalls etwas Kaliumchlorid.
2. Auch Steinsalze sind Meersalze, denn auch diese Salzstöcke waren in grauer Vorzeit Meere, die im Laufe der Jahre austrockneten und von weiteren Erdschichten bedeckt wurden.

Und nun zur Lösung der Frage, die jeden Koch irgendwann beschäftigt:

Soll ich das Fleisch vor oder nach dem Garen salzen?

Häufig wird empfohlen, ein Steak erst nach dem Grillen zu salzen. Das Salz würde viel Wasser aus dem Fleisch ziehen und beim späteren Anbraten, würde es quasi gekocht werden, durch die ausgetretene Flüssigkeit.

Interessanterweise ist genau das Gegenteil der Fall.

Fleisch enthält insgesamt etwa ein Prozent Mineralien und etwa 75 % Wasser. Da Salz eine wichtige Rolle für den Organismus eines Säugetiers spielt, hat er die Möglichkeit, dieses im Körper zu transportieren. Durch bestimmte Ionenkanäle kann Salz beispielsweise in Zellen gelangen. Hierbei kommt es natürlich auf die richtige Dosis an. Verwendet man eine extrem hohe Salzdosis, ist es möglich, Fleisch oder Fisch komplett zu trocknen und somit extrem lange haltbar zu machen.

Wenn man Fleisch aus dem Kühlschrank nimmt und salzt, tritt zunächst etwas Zellflüssigkeit aus, um die Salzkörnchen zu verdünnen. Die Natur strebt immer nach einem Ausgleich, der Diffusion. Befindet sich dabei eine semipermeable Membran im Weg, können große Moleküle nicht hindurch, kleine jedoch schon.

Eine pralle Kirsche, die im Sommer am Baum hängend einige Wassertröpfchen des Sommerregens abbekommt, wird platzen. In der Kirsche herrscht eine hohe Konzentration an Zuckern, die Außenhaut der Kirsche lässt diese jedoch nicht hinaus, also dringt das mineralfreie Regenwasser in die Kirsche hinein und lässt sie durch den erhöhten osmotischen Druck platzen.

Bei Fleisch ist dies leider nicht so einfach erklärt:

Nach dem Salzen hat sich, wie gesagt, etwas Feuchtigkeit auf der Fleischoberfläche gebildet. Sofern man die Menge nicht übertrieben hat, löst sich das Salz nun in der Flüssigkeit auf. Nun können die gelösten Na- und CL-Ionen durch die besagten Ionenkanäle und Zwischenräume der Muskelfasern in das Fleisch hinein gelangen. Legt man beispielsweise einen Schinken in eine Salzlake, ist dieser irgendwann durch und durch salzig. Aber auch die zunächst ausgetretene Flüssigkeit, wandert wieder in das Fleisch. Das Ergebnis ist ein gleichmäßig gesalzenes Fleisch. Nach etwa zwei Stunden ist die Oberfläche so trocken, dass man das Steak direkt in einer Pfanne anbraten kann.

Zwei weiterere Vorteile des frühzeitigen Salzens sind übrigens, dass

- sich das Wasserbindevermögen des Fleisches erhöht. Einfach gesagt: beim späteren Garen läuft nicht mehr soviel Flüssigkeit aus dem Fleisch, vorausgesetzt man übertreibt es mit der Hitze nicht.
- sich das Proteinnetzwerk (aus Aktin und Myosin) im Fleisch lockert und somit die Struktur zarter macht.

Für die weitere Zubereitung des Steaks gibt es verschiedene Möglichkeiten. Momentan bin ich sehr begeistert von den Ergebnissen des Sous-Vide-Garens.

Zur ausführlichen Anleitung für das perfekte Steak -> hier klicken.

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