Nach vielen Quiche Lorraines, die ich in letzter Zeit gebacken habe, hat sich folgender Warnhinweis für das Gelingen eines Mürbeteigs herausgestellt:
Gluten macht ein Problem (betonen Sie die zweite Silbe, dann reimt sich der Merksatz einigermaßen).
Ein stabiles Glutengerüst, das normalerweise beim Backen von Brot höchst erstrebenswert ist, verhindert einen brüchigen Mürbeteig. Doch genau das ist die Essenz dieses speziellen Gebäcks: der mürbe Boden einer Tarte soll zwar fest genug sein, um als Form einer Füllung zu dienen, jedoch beim Biss hinein möglichst zart und leicht blättrig nachgeben. Allerdings darf dies kein sandiges Mundgefühl hervorrufen. Eine gewisse Struktur ist schon erwünscht.
Zu den Zeiten, als man im in den Dörfern noch große Gemeinschafts-Steinöfen zum Backen nutzte, wurden Teige übrigens oft bewusst als Topf oder Schalenersatz verwendet und ungenießbar steinhart gebacken. Die gegarte Füllung ließ sich dann transportieren und später heraus löffeln.
Damit das Gluten, also das Klebereiweiß des Mehls, sich nicht zu stark vernetzt und somit ein zu stabiles Gerüst bildet, gibt es zwei wichtige Erkenntnisse bezüglich der Teigzutaten. Beide beziehen sich auf Produkte aus Getriede.
Korn Nr. 1: Dinkel (Spelzweizen) statt Weichweizen
Die drei wichtigsten Arten von Weizen, die sich hinsichtlich ihrer Back- oder Kocheigenschaften unterscheiden, sind:
Weichweizen (Saatweizen / Triticium aestivum)
Hartweizen ( Durumweizen / Triticium durum)
Spelzweizen (Dinkel / Triticium spelta)
Zum Backen von Brot eignet sich am besten Weichweizen. Die daraus hergestellten Backwaren gehen gut auf und bilden eine schöne Kruste. Hartweizen dagegen wird eher für die Herstellung von Nudeln verwendet, da er durch seinen hohen Anteil an Klebereiweiß recht kochfest ist.
Der Glutenkomplex, allgemein als Gluten bezeichnet, besteht aus Gluteninen und Gliadinen. Einfach gesagt, bildet Glutenin lange Ketten, wenn es mit Wasser gemischt und geknetet wird. Gliadin sorgt dafür, dass diese langen Ketten geschmeidig aneinander entlang rutschen können. Der Glutenkomplex im Dinkel enthält weniger Glutenin, dafür jedoch mehr Gliadin. Der Teig ist dadurch zwar geschmeidiger, jedoch weniger elastisch und stabil.
Für einen Mürbeteig sind diese Eigenschaften perfekt. Der Teig lässt sich leicht auseinander rollen, bildet jedoch nach dem Backen keinen zu starken Zusammenhalt. Im besten Fall versucht man beim Herstellen des Teigs zudem, ihn nicht zu stark zu kneten. Ich verwende gern einen Blitzhacker oder Food-Prozessor. Die Klinge zerhackt den Teig mehr, als dass er geknetet wird, trotzdem werden die Zutaten gut vermischt.
Korn Nr. 2: Schnaps statt Wasser
Sobald das Mehl mit Wasser in Berührung kommt, beginnt der Prozess der Gluten-Netzbildung. Verwendet man stattdessen etwas hochprozentigen Alkohol, lässt sich der Teig gut mischen und ausrollen, ohne dass das Glutennetz gestärkt wird. Ganz ohne Wasser geht es allerdings nicht, denn es ist in der Butter und in einem optional zugegeben Ei enthalten. Die Verwendung von Öl anstelle von Butter ist geschmacklich keine gute Alternative.
Beherzigt man nun diese beiden Tipps, steht dem Gelingen einer Quiche Lorraine mit perfekt mürbem Teig eigentlich nichts mehr im Wege.
Rezept für eine kleine Quiche Lorraine mit Besserbissen-Spezial-Füllung in einer kleinen Form:
Für den Teig:
150 g Dinkel-Mehl Typ 630
75 g Butter
20 ml Wodka oder Korn
1/4 TL Salz
Alle Zutaten für den Teig möglichst schnell zu einem Teig vermischen, ohne ihn zu stark zu kneten. Den homogenen Teig in Folie einschlagen und 15 Minuten in den Kühlschrank legen. So wird die enthaltene Butter wieder etwas fester.
Eine Form, wie im Video gezeigt, vorbereiten und den Teig darin 20 Minuten bei 200 °C mit grobem Salz* oder getrockneten Erbsen, Schrauben oder was auch immer blindbacken.
* Ich nutze zum Blindbacken grobes Spülmaschinen-Salz. Dabei handelt es sich um reines Natriumchlorid ohne Zusätze (Norm EN 973). Das ist auch wunderbar geeignet für das Garen von Fisch, Fleisch oder Gemüse im Salzmantel.