Als ich vor der Wahl stand, welche zweite Fremdsprache ich damals in der 7. Klasse wählen sollte, galt die allgemeine Regel: Wer gut in Mathe ist, ist auch gut Latein. Ein Irrglaube, wie sich später in meinem Fall herausstellte.
Ich war immer gut in Mathe und habe es trotzdem geschafft, in der allerersten Latein-Arbeit eine 6 zu schreiben. Konnte ich zunächst noch mit gewissen Startschwierigkeiten beim Wechsel zum Gymnasium argumentieren, wurde es nach der folgenden 6 in der zweiten Arbeit schon schwieriger.
Nur aus Mitleid meines damaligen Lehrers habe ich nach einer 4 in der dritten Arbeit auf dem Zeugnis noch eine 4 bekommen. Wobei man natürlich sagen muss, die Tendenz ging ja eindeutig nach oben.
Heute habe ich zwar das große Latinum - keine Ahnung, wie ich das geschafft habe - kann aber noch nicht einmal einfachste Sätze auf alten Gebäuden übersetzen.
Da ich mich damals gegen Französisch entschieden hatte, beherrsche ich diese Sprache bis auf einige Küchenbegriffe heute leider auch nicht. Wobei man sich dank des Google-Übersetzers im Urlaub gut durchwursteln kann. Oder dank eines Sohnes, der die Sprache schon ganz gut beherrscht. Eigentlich kann er mir dankbar sein, denn auch er ist gut in Mathe, hatte jedoch einen guten Sprach-Berater.
Dieses Jahr ging es mit der Familie in den Sommerurlaub nach Frankreich, genauer gesagt, nach Antibes. Bekanntlich gibt es in Frankreich das beste Baguette und so habe ich die diversen Sorten ausprobiert. Erschreckenderweise stellte ich dabei fest, dass der gemeine Franzose für den täglichen Bedarf das gleiche Standard-Baguette mit wahrscheinlich polnischer Herkunft kauft, wie der Deutsche auch. Dieses gibt es in jedem Supermarkt aus "Rohling-Öfen" die sogar eine rudimentär ausgebildete Aushilfskraft bedienen kann. Es kostet 70 Cent und da kann man auch keine handwerklichen Meisterwerke erwarten.
Allerdings gibt es in Antibes auch eine gute Bäckerei, die Boulangerie De L'Ilette, in der unter anderem die bekannten Baguettes mit den spitzen Enden verkauft werden.
Als ich auf dem Rückweg vom Strand eines Abends dort noch vorbeikam, lagen leider nur noch zwei langweilig aussehende Stangenbrote mit der Beschriftung baguette sans sel im Regal. "Baguette ohne Salz kann es ja nicht heißen, denn das würde ja keinen Sinn machen", dachte ich mir* und kaufte die beiden traurigen Brote.
* Mit dieser Strategie habe ich übrigens damals auch die Texte der Latein-Arbeiten übersetzt.
Um nicht sofort als Tourist enttarnt zu werden, hatte ich mir angewöhnt, auf dem Rückweg zum Appartement das Baguette lässig unter dem Arm zu tragen, ein Stück davon abzubrechen und zu probieren. Leider war mein Französisch in diesem Fall gar nicht so schlecht. Das Brot war komplett ohne Salz - also nicht essbar.
Was genau stimmt nicht mit den Franzosen? Wer backt absichtlich Brot ohne Salz? Haben alle Bluthochdruck oder kaputte Nieren?
Ansonsten ist Südfrankreich natürlich eine Reise wert. Es gibt tausend Sorten Tomaten. Die Farbe des Wassers sieht schon fast kitschig türkis aus und gerade in Antibes stehen Yachten, auf denen nichts, bis auf einen Eure-Armut-kotzt-mich-an-Aufkleber fehlt. Wer etwas auf sich hält, hat vorn und hinten auf dem Schiff einen Helikopter-Landeplatz. Der Trend geht zum Zweit-Hubschrauber.
Von den großen Schiffen, zum Beispiel der "Dilbar" habe ich aus Angst vor russischen Oligarchen und deren Security keine Fotos gemacht.