Rosen(sauer)kohl

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Alle heute bedeutenden Kohlsorten stammen von zwei Pflanzen ab:

zum einen vom Wildkohl (brassica oleracea) aus dem Mittelmeerraum, zum anderen vom Urahn von Pak Choi und Chinakohl (Brassica rapa) aus Asien.

Dies erklärt auch, warum sich viele Zubereitungen von Kohl auf beiden Kontinenten ähnlich entwickelt haben (z. B. Sauerkraut und Kimchi).

Zusammen mit Rettich und diversen Senf-Pflanzen gehört Kohl in allen seinen Varianten zur Familie der Kreuzblütler. Allen gemeinsam sind teils schwefelige Substanzen, teils scharfe Aromen, die der Pflanze in erster Linie zur Abwehr von Fressfeinden dienen.
Diese in der Pflanze gespeicherten Präkursoren heißen Senfölglycoside und sind sozusagen die Basis der Kohl-Verteidigung. Wird die Pflanze verletzt, entstehen zusammen mit bestimmten Proteinen die scharf-beißenden und teils bitteren Aromen.

Rosenkohl hat von allen Kohlsorten den höchsten Anteil an Abwehrstoffen. Die klassische Zubereitung dieser Spezies ist daher undankbar und hat ihre Tücken. Kocht man den Kohl zu lange, zerfallen immer mehr Aromen und es tritt ein schwefliger Geschmack in den Vordergrund (durch Trisulfide). Außerdem verliert der Kohl sein frisches Grün und wechselt in ein mattes Oliv-Grau. Wer bei der letzten Weihnachtsfeier die Ente mit Rosenkohl bestellt hat, weiß vielleicht, was ich meine.
Wird der Rosenkohl allerdings nur kurz gedämpft, werden nur wenig Bitterstoffe ausgewaschen. Außerdem denaturieren die enthaltenen Proteine schnell und können nicht mehr mit den Präkursoren reagieren. Somit ist der Rosenkohl relativ bitter; weshalb ihn Kinder meist nicht mögen.

Durch zwei Vorgehensweisen lassen sich sowohl schwefelige als auch bittere Aromen minimieren:

- Man kann den Rosenkohl vor dem Garen halbieren, vierteln oder sogar in Streifen schneiden und kurz wässern (auch aus Rosenkohl lässt sich ein leckerer Krautsalat zubereiten). Wenn man ihn gegart verzehren möchte, sollte man viel kochendes Wasser verwenden. So werden die strengen Aromen ausgewaschen. Gegenüber dem heute modernen Dämpfen sollte man Rosenkohl also lieber kurz kochen.

- Eine zweite, ganz andere Zubereitung ist das Fermentieren des Kohls, ähnlich wie bei Sauerkraut. Durch die Gärung wandeln sich die scharfen Aromen in mildere Substanzen um. Anstelle eines Sauerkrauttopfes, kann man für kleinere Portionen auch ein Vakuum-Beutel mit entsprechendem Gerät verwenden.

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So wird der Sauerstoff minimiert und die auf den Blättern angesiedelten Milchsäurebakterien können ihre Arbeit verrichten. Nach ein bis zwei Tagen ist so viel CO2 entstanden, dass sich der Beutel stark aufbläht.

Wenn man schließlich nach knapp einer Woche den Beutel öffnet, strömt einem ein kräftiges, jedoch nicht unangenehmes Senf-Aroma entgegen. Um den Anteil an Säuren zu erhöhen, müsste der Kohl noch weitere 3-4 Wochen fermentieren. Dies setzt allerdings voraus, dass er vorher angestoßen bzw. gestampft wird, damit Zellsäfte austreten und den Bakterien weiterer Zucker zur Verfügung steht.

Ich habe daher einen Kompromiss bei der Gärung angestrebt:

Nach etwa einer Woche ist der Rosenkohl schon weich genug, um ihn roh zu verzehren. Außerdem hat er ein sehr angenehmes Verhältnis zwischen Säure und Salz. In diesem Zustand habe ich ihn mit einem Gewürzsud übergossen, den ich aufgekocht und wieder auf etwa 80 °C abgekühlt habe. In einem verschlossen Weck-Glas ist der Kohl gekühlt einige Wochen haltbar und bereit für die weitere Verwendung.

Rezept für eingelegten und leicht fermentierten Rosenkohl:

900 g Rosenkohl (bleibt nach Säubern von 1 kg Rosenkohl übrig)
18 g Salz

Den Rosenkohl vom Strunk befreien und viertel. Die äußeren Blätter entfernen und den Kohl mit dem Salz mischen. Den Kohl in einem großen Beutel vakuumieren. Die einzelnen Viertel sollten dabei flach ausgebreitet sein.

4-5 Tage bei Raumtemperatur liegen lassen bis sich der Beutel stark aufgebläht hat.

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Für den Sud:

30 g Puderzucker
150 ml Weißwein-Essig
450 ml Wasser

1 TL Kümmel
1 TL Senf-Samen
1 TL Fenchel-Samen
5 Pfeffer-Körner

Alle Zutaten Aufkochen und den Sud über den Rosenkohl gießen. Das Glas wie beim Einwecken füllen, so dass der Kohl vollständig bedeckt ist und nur noch etwas Luft im Glas verbleibt. Das Glas verschließen und nach dem Auskühlen im Kühlschrank lagern.

Der Rosenkohl kann als Beilage kurz mit Butter und weiteren Aromen wie Speck oder Sardellen in einer Pfanne geschwenkt oder einfach nur kalt als Salatergänzung gereicht werden.

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