Grundsaucen nach Escoffier

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Geht man von klassischen Saucen-Zubereitungen aus, ist Georges Auguste Escoffier (1846-1935) Referenz:

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Escoffiers Grundsaucen

Nach Escoffier gibt es 5 + 2 Grundsaucen:

1. Sauce Espagnole
2. Velouté
3. Béchamel
4. Mayonnaise
5. Tomatensauce

6. Jus de Veau lié (Gebundene Kalbsjus)
7. Hollandaise


Escoffier zählt die Hollandaise nicht zu den Grundsaucen, allerdings basieren einige klassische Zubereitungen auf dieser.

Eine selten erwähnte, aber meiner Meinung nach wichtige und für die damalige Zeit moderne Zubereitung, ist die gebundene Kalbsjus. Die Jus wird bei Escoffier mit Stärke (Pfeilwurzelmehl) angedickt, was sie aus den anderen Zubereitungen etwas herausstechen lässt. Das wichtigste Bindemittel der Grundsaucen, die auf verschiedenen Fonds oder Jus basieren, sind braune, blonde und weiße Mehlschwitzen. Die jeweilige Farbe entsteht durch die Dauer und Temperatur beim Anrösten des Mehls in Butter.

Heute stehen viele Köche auf dem Standpunkt, dass es moderner und eleganter sei, eine Sauce mit reiner Stärke, Xanthan oder Guarkernmehl zu binden. Man könnte meinen, je komplizierter die E-Nummer, desto besser. Aber auch eine gute Roux, also Mehlschwitze kann einer Sauce eine wunderbare Konsistenz und vollmundiges Aroma verleiden. Wenn man bedenkt, dass die bei Steaks so beliebte Maillard-Reaktion auf dem Zusammenspiel von Eiweiß und Zucker beruht, merkt man, dass diese auch beim Rösten von Mehl abläuft. So geben die vielfältigen Aromen aus der Reaktion von Gluten und verschiedenen Zuckern der Stärke nicht nur einem knusprigen Brot den herzhaften Geschmack.

Doch zurück zu Escoffier:

Von den Grundsaucen ausgehend, stellt Escoffier eine Übersicht von mehr als 150 "zusammengesetzten Saucen" zusammen. Wenn man bedenkt, dass dies sozusagen das Vokabular der damaligen Kochausbildung war, ist die heutige kulinarische Entwicklung hin zur Verwendung von immer mehr Convenience-Produkten doch enttäuschend.

Zeit also, mal wieder eine klassische Sauce ohne Zusatzstoffe zuzubereiten.

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Um der Theorie auch ein praktisches Rezept beizufügen, habe ich eine Sauce Béarnaise für ein Rumpsteak zubereitet.

Hier verlässt Escoffier ein wenig sein vorher durchgeplantes System, denn im Prinzip ist eine Béarnaise eine Sauce, die auf einer Hollandaise basiert. Escoffier allerdings merkt an, dass die Sauce einer Mayonnaise mit Butter anstelle von Öl gleicht. Das ist jedoch nicht ganz nachzuvollziehen, da die Bindung einer warmen Sauce mit Ei auf dem Garen desselben beruht. Für eine dicke, schaumige Sabayon benötigt man beispielsweise kein zugefügtes Fett. Eine Mayonnaise dagegen ist dickflüssig, da sich viele kleine Fetttropfen im Wasser verteilt haben und mit Hilfe des Emulgators im Eigelb auf Abstand gehalten werden.

Zunächst die klassische Rezeptur, die ich im Folgenden etwas abgewandelt habe.

Sauce Béarnaise nach Escoffier

200 ml Weißwein
200 ml Estragonessig
4 TL gehackte Schalotten
20 g grob gehater Estragon
10 g Kerbel
5 g gestoßener Pfeffer
Prise Salz

Alles zusammen auf 2/3 einkochen. Abkühlen lassen und 6 Eigelb dazu geben. Alles bei kleiner Flamme erhitzen und dabei kräftig rühren. Nach und nach 500 g geschmolzene Butter zufügen.

Die Sauce durch ein feines Sieb streichen und mit Cayennepfeffer, Estragon und Kerbel abschmecken.

Diese Abwandlung einer Hollandaise ist dickflüssig, denn es handelt sich um eine Emulsion von Fett und Wasser. Emulsionen sind immer zähflüssiger als die beiden Phasen, aus denen sie bestehen.
Auch hier zeigt sich ein schönes Beispiel, dass die Temperatur für die Konsistenz der Sauce eine entscheidende Rolle spielt. Durch das vorsichtige Erhitzen des Eigelbs fangen die enthaltenen Proteine an, zu denaturieren und schließen so die eingerührte Luft und auch Fettkügelchen ein. Somit dickt die Sauce an. Stimmt allerdings das Verhältnis von Fett (Butter) und Wasser (Wein und Essig) nicht, gerinnt die Sauce. Dies ist der Fall, wenn die Sauce zu lange warm gehalten wird und so nach und nach immer mehr Wasser verdampft.
Bei zu viel Hitze gerinnen die Proteine zudem und flocken aus. Daher der Hinweis von Escoffier, die Sauce durch ein Sieb zu streichen.

Mit heutigen Küchengeräten lässt sich die Zubereitung vereinfachen und die Temperatur exakter kontrollieren:

Gelingsichere Béarnaise

3 g Estragon - getrocknet
2 g Salz
3 g Zucker
20 ml Weißweinessig
20 ml Weißwein - trocken

Alle Zutaten kurz aufkochen, bis sich Zucker und Salz gelöst haben. Danach eine Stunde ziehen lassen.

1 Ei - eine Stunde in der Schale 64 °C Sous Vide (Onsen Ei) garen. Alternativ in den Dampfgarer legen.
100 g Butter in einem Schälchen ebenfalls auf 64 °C erwärmen und schmelzen.

Den Weißwein-Sud durch ein Sieb in einen Mixbecher füllen, das gegarte Ei dazu geben und die Butter hineingießen.
Mit einem Pürierstab die Sauce gut durchmixen. Das Ergebnis ist perfekt cremig und luftig.
Vor dem Servieren frischen, fein geschnittenen Estragon unterrühren.

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Saucenpraxis - Schritt 2: Mehr Geschmack - einen Fond oder eine andere Flüssigkeit aromatisieren

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Nach Teil 1 meiner kleinen Serie über die Zubereitung von Saucen (hier zu finden: Saucenpraxis - Schritt 1: Fonds) folgt heute der zweite Schritt. Ein Fond oder eine Flüssigkeit wird entsprechend der gewünschten Zubereitung zusätzlich aromatisiert.

Liaison von Gericht und Sauce

Meist ist ein Fond die Basis für eine Sauce. Dieser sollte daher in keine zu extreme Geschmacksrichtung tendieren und beispielsweise nicht zu salzig sein. Der Fond gibt die Richtung vor, in die das gesamte Gericht später tendiert. Wie heißt es so schön: "Das Wichtigste bei einem Gericht ist die Sauce."

Es macht daher Sinn, den Fond auf das zuzubereitende Produkt abzustimmen. Gart man also ein paar Pilze in etwas Hühnchenfond, ergänzen sich diese Aromen und das Ergebnis wird weitaus spannender sein, als gebratene Pilze, die einfach nur mit Wasser abgelöscht werden. Es ist immer von Vorteil, einen Fond aus Gemüse, Huhn oder Rind im Haus zu haben.

Aber auch andere Flüssigkeiten eignen sich, um als Grundlage für eine Sauce verwendet zu werden: Wein, Milch oder Öl, um eine kleine Auswahl zu nennen.

Hierzu zwei Beispiele:

1. Für eine schnelle Pfannensauce, auch Gravy genannt, werden die Röstaromen, die beim Anbraten des Fleisches in der Pfanne entstehen mit einem Fond oder etwas Wein abgelöscht und reduziert. Zusätzlich können natürlich auch noch weitere Aromen zugefügt werden; vielleicht ein paar Zwiebeln oder etwas Wurzelgemüse.
Durch die Reduktion, Würzung und entstandenen Röststoffe in der Pfanne wird der zum Ablöschen verwendete Grundfond weiter aromatisiert und sozusagen dem Gericht angepasst. So wird die Flüssigkeit kräftiger. Im letzten Schritt muss die Sauce nur noch die gewünschte Konsistenz erhalten.

2. Bei einem Schmorgericht oder Gulasch kocht sich die begleitende Sauce von allein. Hierzu gibt man eine größere Menge Wein oder Fond zum zu schmorenden Fleisch dazu. Durch die austretenden Fleischsäfte, bekommt die Flüssigkeit Geschmack und wird zur passenden Sauce. Dies funktioniert natürlich auch bei vegetarischen Gerichten, denn z. B. auch Pilze oder Blumenkohl können direkt in einem Fond gegart werden. Später lässt sich dieser Fond leicht etwas andicken oder das Gemüse mixen.

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Eigenständige Saucen

Es gibt jedoch auch Saucen, die prinzipiell nichts mit der Hauptzutat zu tun haben. Eine Sauce für Senfeier wird beispielsweise völlig autark zubereitet. Die Eier geben in diesem Fall keinen Geschmack an die Sauce ab. Anders als bei einer Zabaglione, bei der Eier sehr wohl auch aromatisch eine Bedeutung haben.

Auch eine Portwein-Sauce mit Zwiebeln mit etwas Butter gebunden kann sehr gut mit einem Steak harmonieren und dieses ergänzen.

Der Reiz solcher Saucen liegt genau darin, dass sie den Geschmack der Hauptzutat durch völlig andere Aromen erweitern. Wahrscheinlich wurde aus genau diesem Grund die Currywurst erfunden.

Im nächsten Schritt auf dem Weg zur Sauce wird es darum gehen, die gewünschte Konsistenz zu erreichen. Heutzutage gibt es zwar die Tendenz, selbst wässrigen Flüssigkeiten den Saucen-Stempel aufzudrücken und diese als Gewürzsud zu verkaufen, ich bin da jedoch altmodisch: die Flüssigkeit muss am Fließen gehindert werden, damit sie sich geschmeidig um die Zutaten legen kann. Wobei ich damit nicht die Mehlpampe meine, die einem früher häufig als Sauce angeboten wurde.

Was die Frage aufwirft, warum eine Mayonnaise eine Sauce ist, Crème fraîche dagegen Crème? Und verdient eine Soja-Sauce wirklich ihren Namen - ganz abgesehen davon, dass sie meist auch aus Weizen hergestellt wird? Es gibt also noch viel zu klären.

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