Gin-Béarnaise

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Kürzlich bekam ich die Anfrage, einen Gin aus einer kleinen Hamburger Destillerie zu verköstigen. Gin hat sich mittlerweile zu einem Trend entwickelt, der bisher jedoch an mir recht unbemerkt vorbei gezogen ist. Um diese Wissenslücke zu füllen und als Freund von kleinen Manufakturen, habe ich zugesagt. Man lernt nie aus.

Der Hauptaromastoff eines jeden Gin ist Wacholder. Wacholder gehört zu den Nadelhölzern und es bilden sich daher an den Ästen keine Beeren, sondern Zapfen. Was man als Gewürz kauft, sind also runde Wacholderzapfen.

Bei dem hier vorgestellten Gin, handelt es sich um einen "Hamburg Dry Gin - 5 continents" (-> klicken). Hinter diesem Titel verbirgt sich Folgendes:

Für die Herstellung eines "London Dry Gin", an dem sich der Name orientiert, werden alle Zutaten gleichzeitig dem Alkohol zugefügt, bevor alles zusammen ein weiteres Mal destilliert wird. Ein Gin bekommt die Bezeichnung "Dry", wenn bei der Herstellung kein zusätzlicher Zucker verwendet wurde.

Bei den weiteren Beigaben handelt es sich um folgende Ingredienzien aus "5 Continents":

Asien: Ingwer und Kardamom
Afrika: Paradiskörner und Koriander
Australien: Eukalyptus
Amerika: Mate und Kaktus
Europa: Lavendelblüten und Schwertlilienwurzeln

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Da einem diese ungewöhnlichen Zutaten nicht täglich in der Küche zur Verfügung stehen, kam ich auf die Idee, mit dem Gin eine Sauce Béarnaise zuzubereiten. Normalerweise wird für diese Sauce ein Eigelb mit einer Reduktion aus Weißwein und Kräutern aufgeschlagen. Hier nun soll der Gin als Aromengeber dienen.

Wenn man für Saucen Alkohol reduziert, stellt sich immer ein Problem. Auf der einen Seite soll zwar der Alkohol verkocht werden, andererseits die Aromen aber möglichst enthalten bleiben. Die verdampfende Flüssigkeit reißt jedoch die kleinen Aroma-Moleküle mit sich. Da der Siedepunkt von Alkohol mit etwa 78 ºC weit unter dem von Wasser liegt, muss man also aufpassen, dass während des Reduzierens nicht zu viel Aroma verkocht.

Der Kompromiss liegt also darin, in der Sauce noch etwas Restalkohol zu lassen, ohne dass dieser zu aufdringlich heraussticht.

Durch die ausgeprägten Wacholder- und auch Zitrusnoten, passt diese Sauce sowohl zu geräuchertem Fisch, als auch zu einem guten geräucherten Schinken. Um es mit dem Wacholder-Aroma aber nicht zu übertreiben, habe ich geräucherte Makrele und milden Bacon verwendet. Wacholdergeräucherte Forelle oder Schwarzwälder-Schinken wären zu viel des Guten.

Ergänzt durch etwas Rauke, Rote Bete und Ziegenkäse ist eine schnelle kleine Vorspeise entstanden. Wer noch eine leicht knusprige Komponente zufügen möchte, kann z.B. etwas geröstetes Sauerteig-Brot oder Walnüsse ergänzen.

Zum Rezept:

Gin-Béarnaise

1 EL Zucker in einen Topf geben und ohne Farbe schmelzen lassen.
Mit 100 ml Gin ablöschen und einkochen, bis der Alkohol sich verflüchtigt. Dabei probieren, um eine Balance zwischen Restalkohol und Aromen zu finden. Der Wacholdergeschmack soll noch gut wahrnehmbar sein. Mit dem Saft einer halben Zitrone, etwas Pfeffer und Salz abschmecken.
In einen hohen, schmalen Mixbecher ein Eigelb geben und den etwas abgekühlten Gin (ca. 80 ºC) hinzufügen. Dabei mit dem Mixstab ständig mixen, damit das Ei nicht gerinnt.
In einem Topf 150 g Butter schmelzen und auf 80 ºC erhitzen. Die warme Butter tröpfchenweise zu der Ei-Gin-Mischung gießen. Auch hier stetig weiter mixen.

Die klassische Zubereitung ist natürlich mit Hilfe eines Wasserbads. Gerührt wird mit einem Schneebesen, damit möglichst viel Luft in die Sauce kommt. Mit dem Pürierstab wird die Sauce kompakter, man könnte sie aber kurz vor dem Servieren in einen Sahne-Siphon füllen.

Den Ziegenkäse in 1 cm dicke Scheiben schneiden, in etwas Bacon einwickeln und vorsichtig anbraten, bis der Käse weich ist.
Zusammen mit dünnen Scheiben Rote Bete und Rauke anrichten, mit etwas frischem Dill bestreuen.

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Wir haben vorab den Gin in kleiner Runde nur mit einem Schuss Wasser probiert. Die Aromen setzten sich sehr schön und harmonisch durch.

Gut zu wissen:

Gin wurde erstmals im 16. Jhd. in Holland aus Roggen gebrannt. Der Wacholder lieferte dabei nicht nur das Aroma, sondern sorgte auch für eine harntreibende Wirkung. In England entwickelte sich Gin im 18. Jhd jenseits des medizinischen Nutzens zum großen Problem: Jeder Londoner konsumierte zu dieser Zeit etwa 400 ml Gin pro Tag "um das tägliche Elend wenigstens für den Moment zu vergessen" (siehe auch Ch. Dickens: Sketches by Boz).

Gin-Tonic wurde erfunden, um das während der Kolonialzeit gegen Malaria eingesetzte und extrem bittere, chininhaltige Tonic Water geschmacklich zu verbessern. Tonic (engl. = "kräftigend, stärkend") leitet sich übrigens ab von Tonikum (griech. tonikòs = "gespannt" - wobei wir mit tonika, dem Plural, wieder
in der Musik gelandet sind).