Beef Tea

thumb_IMG_4937_1024


"Aber jetzt nicht schon wieder ein Bericht über Fleisch, oder?"

Als ich Anja erzählte, dass im Kühlschrank gerade ein gepökeltes Bürgermeisterstück für ein leckeres Pastrami reift, war sie nicht unbedingt begeistert. Vielleicht hat sie recht, also schiebe ich mal eine Zubereitung dazwischen, bei der man zum Schluss das Fleisch nicht mehr sieht: Einen Beef Tea.

Im Prinzip beschreibt dies sehr gut die Idee, die hinter einem Beef Tea steckt. Ursprünglich wurde diese Essenz aus Rindfleisch von dem deutschen Chemiker Justus von Liebig entwickelt, der diese Fleischpaste aus klein gehacktem Rindfleisch, destilliertem Wasser und etwas Salzsäure herstellte. Er gab diese Rindfleischessenz löffelweise der an Typhus erkranken Tochter eines Bekannten, damit diese wieder zu Kräften käme. Das Problem war, dass die Patientin keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen konnte und so immer schwächer wurde. Nach einigen Tagen der Einnahme des Fleischextrakts, war sie wieder gesund. Laut Liebig wurde ausschließlich diese Essenz auch anderen Patienten bis zur Genesung verabreicht.

thumb_Image 10.02.16 at 14.56_1024


Im original Rezept fällt auf, dass die Essenz mit sehr kaltem Wasser hergestellt und auch später kalt verabreicht worden ist. Wichtig für die heilende Wirkung war laut Liebig das enthaltene "Fleischalbumin" welches nicht durch Wärme gerinnen sollte. Außerdem sollte das Fleisch "frisch und nicht mehrere Tag alt"* verwendet werden.
* Eine neue Fleischbrühe für Kranke (Analen der Chemie und Pharmacie v. 1864, Bd 91, S. 244 f)

Mein adaptiertes Rezept für einen Beef-Tea hat somit nicht mehr viel mit der ursprünglichen Herangehensweise zu tun - wer arbeitet schon in der Küche mit Salzsäure. Die Zubereitung ist jedoch trotzdem aus mehreren Gründen erstaunlich und erwähnenswert:

1. Im Schnellkochtopf ist die Consommé nach nur etwa einer Stunde fertig. Sie steht einem über Stunden gekochten Fond in nichts nach.
2. Die Brühe ist direkt aus dem Topf schon recht klar und muss nur noch durch ein Sieb gegossen werden. Klären mit Eiweiß oder Abschäumen ist nicht nötig.
3. Man benötigt nur drei Zutaten und bekommt ein erstaunlich komplexes Ergebnis. Die perfekte Basis für eine Sauce.

thumb_IMG_4943_1024


Zum Rezept:

1,5 l Wasser
900 g Suppenfleisch vom Rind (dicke Rippe, Beinscheibe oder ein anderes kollagenreiches Stück)
90 ml Soja-Sauce (natürlich gebraut ohne Zusätze)
150 ml trockener Rotwein

Alle Zutaten in den Schnellkochtopf füllen und bei höchster Hitze vollen Druck aufbauen. Sobald der Topf Druck ablässt, die Temperatur senken. Nach 45 min. den Topf von der Heizquelle nehmen und abkühlen lassen, bis der Deckel sich öffnen lässt. Die Consommé durch ein feines Sieb gießen. Gegebenenfalls mit etwas Salz abschmecken.

Anstelle von Rind lässt sich auch Kalbfleisch oder Huhn verwenden.

Jetzt sieht man doch wieder etwas Fleisch auf den Fotos. Die von mir verwendeten Beinscheiben waren aber einfach zu lecker, um sie nicht doch noch in der Brühe zu servieren. Das kleinere Glas enthält somit die Brühe zusammen mit dem klein gezupften Fleisch.

thumb_Image 10.02.16 at 14.50_1024