Ich liebe Gerichte, die ein klassisches Thema aufgreifen und dieses in einen neuen Kontext stellen. Sven Elverfeld hatte in dem von uns gewählten Menü gleich zwei davon im Angebot.
Zunächst eine kleine Einstimmung namens "Pastrami-Sandwich - hessisch - Handkäse, Krautsalat, Gurke und Gewürzsenf" im Miniatur-Format.
Gefolgt von einer "Norddeutschen Stulle". Rinderrohfleisch & Büsumer Krabben, Remoulade, Zitrone & Gartenkresse.
Geschmacklich einfach so lecker, man hätte sich gewünscht, mit einem dieser Gerichte gerade an einem momentan so angesagten Food-Truck zu stehen. Allerdings mit weitaus größerer Portion.
Anrichten
Ich lasse einfach die Bilder sprechen. Auf dem Bild unten ist eine Banane zu sehen. Anja hob diese hoch und drehte sie um. Darin war eine Creme aus Banane in Kombination mit Koriander. Was ungewöhnlich klingt, hatte geschmacklich jedoch seinen Reiz. Irgendwann brach ein kleines Stück aus der Bananenschale und wir merkten, das diese aus weißer Schokolade gefertigt worden war. Bis dahin waren wir allerdings davon überzeugt, eine echte Schale in der Hand zu halten.
Zu Beginn einer Reihe von Desserts wurde uns ein unglaublich cremiges Champagner-Sorbet serviert. Angerichtet in der Vertiefung des unteren Teils einer Champagnerflasche. Solch ein Gericht spiegelt am besten die Perfektion von Geschmack, Technik, Kreativität und die Kunst des Anrichtens wieder.
Geschmack
Um es kurz zu sagen: perfekt.
Vielleicht bis auf den intensiven Einsatz von Koriandergrün bei zwei Gängen. Koriander muss man ja mögen. Im Dessert mit der Banane fanden wir die Verwendung noch recht spannend, als zusätzliches Aroma des Hauptgangs, einer Taubenbrust, hätten wir es trotz der weiteren asiatischen Zutaten nicht gebraucht.
Das ist jedoch Geschmackssache.
Bezüglich ungewöhnlicher Kombinationen haben uns die Desserts am meisten beeindruckt:
Rauchmandel, Brombeer und Schokolade
Johannisbeere und Kamille
Cheesecake, Apfel und Fichtensprossensorbet
Was experimentell klingt, hat schlüssig und fantastisch geschmeckt,
Neben uns am Tisch saß übrigens ein Paar mit etwa 10-jährigem Sohn. Alle starrten ununterbrochen auf ihre Smartphones. Die Eltern bestellten für sich das komplette Menü, für den Sohn "Pigeon with Potatoes". Als der Teller abgeräumt wurde, wurde die Kritik des Sohnes auch gleich dem Service mitgeteilt: "Too salty!" Als ob...
Sprechen konnte der Junge selbst scheinbar nicht. Ich denke, er hat seinem Vater eine WhatsApp geschickt.
Da wird einem die ganze Härte der Gastronomie bewusst: wenn das adipöse Handy-Kind sagt, es ist zu salzig, dann ist es eben zu salzig.
Apropos Zielgruppe. Zum Schluss bei all der Lobhudelei muss noch ein wenig Platz für Kritik sein. Diese betrifft weniger das Essen, als das Konzept des Restaurants. Bei allem, was in Wolfsburg passiert, hat man den großen Autokonzern im Nacken, der sagt: "Wir wollen das so. Wolfsburg spielt in der ersten Liga und ein Restaurant in der Autostadt hat 3 Sterne!"
Man speist in einem gediegenen, um nicht zu sagen biederem Raum mit grauer Auslegeware und Blick auf die grüne Hügellandschaft der Autostadt. Man wäre nicht erstaunt, würden plötzlich die Teletubbies hinter dem perfekten Rasenhügel hervorspringen.
Serviert werden zwei Teller von 3 (!) Personen, wobei eine Kellnerin ein Tablett hält, zwei weitere je einen Teller davon nehmen und servieren. Das passt sicherlich zu der Zielgruppe des Aqua jedoch nicht zu unserem Verständnis von wegweisender Gastronomie. Auch die dozierende Beschreibung eines Weines hat sich unserer Meinung nach überholt.
In der perfekten Welt hätte Sven Elverfeld ein Bistro und es gäbe an Holztischen ohne Firlefanz zum Menü ein gutes Glas Wein. Wir wären Stammgäste!