Perfekt geschälte Zitrusfüchte

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Das "Weiße", welches die einzelnen Segmente einer Zitrusfrucht voneinander trennt, heißt Mesokarp. Es befindet sich zudem direkt unter der äußeren Schicht der Früchte und wenn in einem Rezept nach etwas Zitronenabrieb verlangt wird, folgt meist der Hinweis, in keinem Falle dieses bittere Weiße mit abzureiben. Abgesehen davon, dass auch die wachsartige äußere Schicht (das Exokarp) sehr bitter ist, befindet sich ein großer Teil der Bitterstoffe im Mesokarp. Es macht also Sinn, das weiße Häutchen möglichst umfassend zu entfernen.

Dies muss sich auch der Erfinder von Dosenmandarinen gedacht haben. Die aus China oder Spanien stammenden Produkte haben einen gewissen Reiz, erzeugen jedoch auch eine gewisse Skepsis. Schon während meiner Schulzeit wurde darüber spekuliert, wie diese perfekten Mandarinenstückchen in die Dose kommen würden. Es wurde auch spekuliert, ob die süße Flüssigkeit, die einige, für mich völlig unverständlich, direkt aus der Dose getrunken haben, die Häutchen aufgelöst hätte.

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Dabei ist es kein Hexenwerk.

Zunächst erfordert die Produktion viel Handarbeit: die Mandarinen werden von Hand geschält und in einzelne Segmente geteilt. Dann durchlaufen sie ein Säurebad mit stark verdünnter Salzsäure, welche danach mit entsprechend dosierter Natronlauge neutralisiert wird, damit nicht auch die Fruchtfächer weggeäzt würden. In die Dose kommen die nochmals von Hand sortierten Früchte dann übrigens zusammen mit einer Zuckerlösung, die exakt dem Zuckergehalt der Mandarinen entspricht. Wäre der Zuckergehalt zu niedrig, würde Wasser in die einzelnen Fruchtsäckchen eindringen und diese zum Platzen bringen (osmotischer Druck).

Nach einem kurzen Kochvorgang sind die Mandarinen in den verschlossenen Dosen lange haltbar und für den Transport und Verkauf bereit.

Wer den Umgang mit Salzsäure scheut, für den gibt es eine zweite Möglichkeit, perfekt geschälte Segmente aus verschiedensten Zitrusfrüchten herzustellen.

Als ich letztes Jahr Erdbeerkonfitüre* ohne Zusatz von Gelierzucker hergestellt habe, habe ich mich ausführlich mit dem Geliermittel Pektin beschäftigt. Pektin befindet sich in großer Menge in Zitrusfrüchten und zwar in genau dem schon erwähnten Mesokarp. Um dieses aufzulösen, kann man einen Prozess nutzen, der auch bei der Saft- oder Likörherstellung eingesetzt wird.

Um die Saftausbeute zu erhöhen oder die Flüssigkeit zu klären, werden mithilfe eines Enzyms Pektine und somit die stabilen Häutchen der Früchte abgebaut. Das Enzym Penktinase wird von der Pflanze selbst und von bestimmten Bakterien und Pilzen hergestellt. Unter dem martialischen Namen "Pektin-Ex" kann man das so genannte Antigeliermittel als weißes Pulver oder bräunliche Flüssigkeit beziehen.

Um die Haut der einzelnen Fruchtsegmente zu lösen, habe ich das Pektinase-Pulver entsprechend der Packungsbeschreibung mit warmen Wasser gemischt und die geschälten und zerteilten Zitrusfrüchte hineingegeben. Nach etwa 24 Stunden hatten sich die Häute vollständig aufgelöst.

Die Pampelmusensegmente sind nach der Behandlung übrigens viel weniger bitter. Wer richtig angeben möchte, teilt die Scheibchen noch in die einzelne Saftschläuche und garniert damit seine Dessertkreation.

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* Laut EU-Verordnung 79/693/EWG dürfen sich nur Fruchtaufstriche aus Zitrusfrüchten "Marmelade" nennen, obwohl diese Bezeichnung ihren Ursprung im portugisischen "Marmelo" (= Quitte) hat. Die Bezeichnung Erdbeerkonfitüre ist somit politisch extrem korrekt.
Einfluss hat hier die britische Regierung genommen. Die Ursache liegt wohl in der Leidenschaft der Briten für Marmelade aus Bitterorangen, die sie mit nur wenigen anderen Ländern teilen. Ich kenne jedenfalls niemanden, der sich morgens gern Bitterorangen-Marmelade auf sein Brötchen schmiert.