Glühwein

0DtG9GttQmWjjwG1t6zpXQ_thumb_9c72


Ein Rezept für Glühwein klingt zunächst vielleicht zu banal. Allerdings lohnt sich auch bei vermeintlich einfachen Rezepten ein Blick auf die Details. Dazu kommt, dass ich aus dem Glühwein als Basis eine kleine Serie an weiteren Zubereitungen zusammengestellt habe:

10 Rezepte mit Glühwein

oder um es den modernen Medien entsprechend zu formulieren:

Das große Besserbissen-Weihnachts-Special –
die 10 unglaublichsten Rezepte, die man aus einem Liter fantastischen Glühwein zaubern kann!

Doch zurück zur besinnlichen Vorweihnachtszeit.

Jeder Weinliebhaber rümpft sicherlich die Nase, wenn das Objekt seiner Leidenschaft erwärmt, mit Orangensaft gemischt und nicht unerheblich gezuckert wird. Den Rest übernehmen kräftige Gewürze, die jegliches Weinaroma überdecken.

Die Idee, Wein zu süßen und mit Gewürzen zu versehen, hatten schon die Römer. Allerdings diente der zum Süßen verwendete Honig wahrscheinlich eher dazu, den extrem sauren Wein genießbar zu machen. Zwar waren Gärprozesse schon bekannt, die Verwendung von Sulfiten im Wein, um die Gärung zu steuern und den Verderb zu verzögern, ist aber eine verhältnismäßig moderne Erfindung.

Dies könnte auch den damaligen Einsatz von verschiedenen Gewürzen erklären. Die Weine dürften, bedingt durch eine längere Lagerung, diverse unangenehme Fehlaromen enthalten haben. Beliebt waren zu Beginn des ersten Jahrtausends auch Gewürzweine. Die entsprechenden Zutaten wurden dem Most zur Mazeration zugefügt (z. B. vina piperata = Pfefferwein).

gOnKt5ZbT7Sv6vmEKfi0Yw_thumb_9c34


Heutzutage ist der Grund für das extreme Süßen und Würzen des billigen Industrie-Glühweins dem schlichten Geschmack des Grundproduktes geschuldet. Da schließt sich der Kreis.

Wer einen Glühwein einmal selbst zubereiten möchte, sollte einen Wein wählen, der nicht zu viel Tannine, also Gerb- und Bitterstoffe enthält. Im erwärmten Wein nimmt man diese verstärkt wahr.
Zudem sollte der Wein einen Restzucker von 10-20 % enthalten. So muss weniger zusätzlicher Zucker zugefügt werden. Sehr trockene Weine enthalten nur wenig Restzucker, da dieser während der Gärung fast vollständig in Alkohol umgewandelt worden ist.

Eine gute Wahl ist ein halbtrockener Dornfelder von guter Winzer-Qualität. Solch ein Exemplar landet in der Regel im fortgeschrittenen Alter auf jedem Geburtstagstisch.

Die Gewürze verwende ich im Ganzen. So lassen sie sich einfach wieder aus dem Wein herausnehmen. Außerdem kann man ihre Würzkraft über die Zeit besser dosieren.

0D2a6ZHuT+iDLufTd4FKCg_thumb_9c37


Rezept für klassischen Glühwein

1000 ml Rotwein – Dornfelder
150 ml Orangensaft
50-100 g Zucker (je nach Vorliebe)
4 Gewürznelken
10 Pfefferkörner
2 Zimstangen
2 Sternanis
Schale einer Bio Zitrone

Für die Zubereitung habe ich ein kleines Video gedreht:



Es gibt immer wieder einige Schlauberger-Rezepte, die explizit darauf hinweisen, dass Glühwein nicht höher als 78 °C erwärmt werden dürfe. Andernfalls würde der Alkohol verkochen. Es ist aber nicht so, dass zunächst ab 78 °C nur der Alkohol flüchtet und erst später ab Erreichen von 100 °C das Wasser.
Einerseits verdampft auch schon weit unter 100 °C ein Teil des Wassers (man beobachte einfach die Pfützen an heißen Sommertagen), andererseits sind die Ethanol-Moleküle nicht so leicht aus dem Netzwerk, das sie mit H2O bilden, herauszulösen.
Auch eine sehr lang reduzierte Sauce mit Rotwein wird nach Fertigstellung immer noch etwas Alkohol enthalten. Wer seinen Kindern nun aus diesem Grund die Sauce vorenthält, sollte jedoch bedenken, dass auch eine reife Banane oder Apfelsaft (bis zu 0,5 %) Alkohol enthält.

VM6t0M2NTkybqv2v3yHV+Q_thumb_9c6f