Pizza mit Krustentieren

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Jahrelang bin ich von meinem (Ex-)Lieblingsitaliener, man muss es so deutlich sagen, belogen und betrogen worden. Immer wenn ich eine „Pizza Scampi“ bestellte, waren darauf nur schnöde Shrimps. Wie wir heute wissen, erstreckt sich der Skandal mittlerweile bis nach Sylt und fand im letzten Jahr seinen Höhepunkt: per DNA-Test wurde eine große Pizza-Kette des Scampi-Betrugs überführt!

Sind der Kopf und, sofern vorhanden, die Scheren erst einmal entfernt, ist es auch nicht so leicht, einen Shrimp von einem Scampi zu unterscheiden.

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Zeit also, etwas Ordnung in die Krustentierchen zu bringen:

Krustentiere gehören zum Stamm der Gliederfüßler und sind mit den Insekten verwandt.
Sowohl Shrimps als auch Scampi zählen zu den Zehnfußkrebsen, gehören innerhalb dieser Ordnung jedoch verschiedenen Unterordnungen an:

1. Garnelen (Dendrobanchiata - von griech. Dendro = Baum und Branchia = Kiemen)

Kulinarisch gesehen haben Garnelen viele Namen: Shrimps oder Prawns (engl.), Gamberetti (ital.), Crevetten (franz.) und Gambas (span.).

Krabben werden nicht zu den Garnelen gezählt. Bis auf eine Ausnahme, die Nordseegarnele. Ihre offizielle Bezeichnung ist Sandgarnele oder - und jetzt wird es etwas verwirrend - Granat. Nicht zu verwechseln mit einem Kaisergranat, denn der wiederum gehört zu den im Folgenden beschriebenen Panzerkrebsen.

2. Panzerkrebse (Pleocyemata - von griech. Pleon = schwimmend und Kyema = Leibesfrucht)

Der Kaisergranat gehört zusammen mit Hummer, Languste, Flusskrebs und Krabben zu den Panzerkrebsen. Sie alle haben mehr oder weniger beeindruckend große Scheren. Der Kaisergranat wird auch Scampo oder Langostino genannt.

Da Hummer oder auch Langusten Allesfresser mit kannibalen Neigungen sind, lassen sie sich nicht so leicht züchten wie die recht anspruchslosen Garnelen. Außerdem heften sich die befruchteten Eier eine Zeit lang an die hinteren Schwimmbeine der Krebse. Im Gegensatz zu den Garnelen, die die Eier einfach nur ablegen, betreiben Krebse eine Art Brutpflege.

Dies alles erklärt auch, warum (Zucht-)Garnelen weitaus günstiger als beispielsweise Scampi aus Wildfang zu bekommen sind. Wobei natürlich auch das Angebot den Preis bestimmt und nicht immer der bessere Geschmack. Im 18. Jahrhundert waren in den USA die Hummerbestände sehr groß. Gefängnisinsassen protestierten dann gegen die Grausamkeit, dass ihnen täglich Hummerfleisch vorgesetzt wurde.

Die Farbe der Krustentiere

Viele Panzerkrebse haben durch das Protein Crustacyanin eine schwarzblaue Färbung, die am Meeresboden der besseren Tarnung dient. An dieses Protein werden die eigentlich roten Carotinoide (z.B. Astaxanthin), welche die Tiere beispielsweise über Plankton aufnehmen, gehängt, wodurch deren auffällige Farbintensität abgeschwächt wird. Durch Hitze wiederum denaturieren diese Proteine und die anfänglich blassgraue Färbung wechselt im Kochtopf zu einem kräftigen Rot.

Anmerkung: Lachsfleisch hat seine Farbe ebenfalls durch Astaxanthin, welches die Fische durch den Verzehr von kleinen Krebsen aufnehmen.

Einige Tiere haben diese Tarnmöglichkeiten übrigens nicht und sind wie z.B. der Kaisergranat oder die hier abgebildeten Argentinischen Rotgarnelen auch im Rohzustand rot.

Da die in dem Panzer enthaltenen Carotinoide fettlöslich sind, sollte man die Schalen aufheben und in etwas Butter anrösten. Das so entstandene aromatisierte Fett kann wiederum zum Anbraten der geschälten Tiere verwendet werden oder als farbige Basis für eine Krebsbutter dienen.

Zu- und Vorbereitung

Die meisten Garnelen werden ohne Kopf verkauft, denn in diesem sitzt die Mitteldarmdrüse (ähnlich unserer Leber). Deren Enzyme lassen das Fleisch nach dem Tod des Tieres schnell verderben. Deshalb werden Hummer meist lebendig zum Verkauf angeboten.
Eine weitere Möglichkeit, den Verderb hinauszuzögern, ist, die Tiere direkt nach dem Fang zu kochen. So werden die Enzyme durch die Hitze denaturiert und deaktiviert.
Wenn Garnelen roh angeboten werden, sind sie in der Regel gefroren. Im besten Fall enthalten die einzelnen Tiere dann eine dünne Eisschicht um den Panzer herum und können so einzeln entnommen werden.

Sollte bei den Shrimps der "Darm" noch nicht entfernt worden sein, muss das Tier am Rücken aufgeschnitten und der Verdauungstrakt herausgezogen werden. Neben verdauten Resten, enthält er meist auch sandige Partikel.
Wer fälschlicherweise den Bauch aufschneidet findet dort zwar auch einen dunklen Strang, dabei handelt es sich jedoch um das "Bauchmark", vergleichbar mit unserem Rückenmark.

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Aber was ist nun geschmacklich besser? Hummer, Scampi oder Shrimps?

So leicht lässt sich dies gar nicht bestimmen und ist, wie so oft, auch eine Frage des Geschmacks. Was viele Meeres-Krustentiere gemeinsam haben, ist ein leicht süßliches Aroma. Mit Hilfe der süß schmeckenden Aminosäure Glycin wird von den im Meer lebenden Tieren der Salzgehalt in den Zellen ausgeglichen. Noten von Iod entstehen bei Nordseekrabben durch Bromphenole.
Der meist nussige Charakter des Hummer-Fleisches, auch wenn dieses nur gekocht und nicht gebraten wird, resultiert aus vielen Aromen, die bei Landtieren nur durch höhere Hitze entstehen (Maillard-Reaktion). Diese Reaktionen aus Zuckern und Aminosäuren finden wegen deren sehr hoher Konzentration bei Krustentieren auch schon bei niedrigeren Temperaturen statt.

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Rezept für Prawns-Pizza - obwohl Pizza Scampi wirklich besser klingt.

Es folgt das Rezept, in Erinnerung an die Lieblingspizza aus meiner Jugend, die keine Pizza-Scampi war aber auch mit den günstigeren Shrimps immer sehr lecker geschmeckt hat.

Für den Belag:

Eine ausführliche Beschreibung des Teigs und der Tomatensauce habe ich hier hinterlegt (-> klicken). Wer experimentierfreudig ist, findet auch ein Rezept für selbst gemachten Mozzarella.

Die weiteren Zutaten:

- Gorgonzola (nicht zu viel)
- Argentinische Rotgarnelen oder Krustentiere nach Belieben
- Knoblauch (dünn geschnitten)
- Frischer Rucola, der nach dem Backen zugefügt wird

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