Nitritpökelsalz

Leberkäse und Fleischsalat

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Neulich vor dem Kühlregal hatte ich die Idee, einen Fleischsalat komplett selbst zuzubereiten: Mayonnaise, Fleischwurst oder Leberkäse sowie eingelegte Gewürzgurken.

Anlass war ein Artikel, in dem die Auswirkungen von Emulgatoren auf den Dünndarm von Mäusen beschrieben wurde. Die Natur ist nun aber voll von Emulgatoren, denn für den Organismus ist es oft wichtig, beispielsweise Wasser zu binden. Diese Aufgabe leisten Lecithin, Kasein oder auch Phosphat.

In Säugetieren wird zudem durch Phosphat (ATP) die Muskelkontraktion gesteuert. Außerdem ist es Hauptbestandteil von Zähnen und Knochen.
Aber es ist auch ein Zusatzstoff. Man kennt vielleicht die Fußnote bei der Currywurst auf der Speisekarte: "mit Phosphat".

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Womit wir beim Leberkäse wären. Als ich meinem Vater (Fleischermeister) erzählte, dass ich Leberkäse zubereiten und hierfür nur „natürliche Zusatzstoffe“ verwenden wollte, sagte er nur, das wäre dann kein Leberkäse sondern ein Hackbraten.
Leider hatte er recht, denn im Ei, welches man zum Binden der Masse verwenden könnte, ist zwar Lecithin und auch Phosphat, aber dadurch wird bei weitem nicht soviel Wasser gebunden, wie für eine geschmeidige Masse nötig. Außerdem hat man nur einen grauen Braten, wenn man anstatt Nitritpökelsalz zur Umrötung nur Kochsalz verwendet.

Mein Ehrgeiz lief nun nicht mehr Richtung „Leberkäse ohne Zusatzstoffe“ sondern eher zu einer hausgemachten Version, die auch in der Auslage einer guten Metzgerei zu finden wäre. Also keine „Hausmacherscheiße“, wie es mein Vater formulierte (ja, Metzger tragen ihr Herz auf der Zunge). Dann lieber ein paar Zusatzstoffe, als die Schmach, einen "Hackbraten" zu produzieren.

Neben dem Phosphat, welches man unter dem Namen „Kutterhilfe“ beziehen kann, ist der zweite schon erwähnte, wichtige Zusatzstoff das Nitritpökelsalz. Dieses hat neben dem Erhalt der rosa Farbe noch zwei weitere Aufgaben:

Zum einen werden bestimmte Keime abgetötet (z.B. Clostridium botulinum) und so die Haltbarkeit verlängert, zum anderen fügt es das spezielle „Pökel-Aroma“ zu.

Die rosa Farbe entsteht dadurch, dass der Muskelfarbstoff Myoglobin zu Stickoxidmyoglobin wird. Nitrit (NO2) reagiert im Fleisch zu Stickstoffmonoxid, welches das Eisenatom im Myoglobin bindet. Somit ändert sich dessen Farbe beim Erwärmen nicht in einen Grauton sondern bleibt rötlich. Ein weiterer Vorteil ist, dass dieses Eisen nun nicht mehr die Oxidation des Fetts im Fleisch auslöst, was die Wurst länger haltbar macht.

Beschleunigt wird dieser Prozess übrigens durch Ascorbinsäure (Vitamin C), welche den Zerfall des Nitrits zu Stickstoffmonoxid intensiviert. Deshalb wird Ascorbinsäure ebenfalls als Zusatzstoff bei Wurstwaren eingesetzt.

Ähnliche, rötliche Färbungen lassen sich übrigens auch beim Räuchern erkennen. Durch das Verbrennen von organischem Material (z.B. Holz oder Kohle) entstehen auf der Fleischoberfläche stickstoffhaltige Verbindungen, die bis etwa 1 cm Tiefe einen roten Rand entstehen lassen. Ähnliches habe ich auch bei meinem Fleischreifeexperiment mit Fischsauce bemerkt, denn auch diese Sauce enthält große Mengen Stickstoff.

Nun aber zum Rezept für den Leberkäse, der auch in der Auslage einer Fleischerei bestehen würde:

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Zutaten für ca. 1,2 kg Leberkäse

600 g Schweineschulter - mager
400 g Rückenspeck - keinen Bauchspeck, der wird tranig, sagt mein Vater und er muss es wissen.
300 g Eis-Schnee (crashed Eis aus dem Mixer)

20 g Pökelsalz
5 g Kutterhilfe (Phosphat)
0,5 g Majoran - gerebelt
0,5 g Thymian - gemahlen
0,5 g Macis - gemahlen
0,5 g Ingwer - gemahlen
Wer mag, kann zusätzlich mit Pfeffer abschmecken.

1.) Fett und mageres Fleisch in ca. 3 cm große Würfel schneiden und für 30 min ins Gefrierfach legen. Im Fleischwolf getrennt zu feinem Hack verarbeiten (2,5 mm-Scheibe).

2.) Im Food-Processor, Thermomix o.ä. Zerkleinerer das Fleisch und die Gewürze zu einer feinen Masse mixen. Durch das zugefügte Salz fängt die Fleischmasse an, zu binden. Das Muskelprotein Myosin wird gelöst.

3.) Die Hälfte Eis hinzugeben, um die durch das cuttern erwärmte Masse wieder zu kühlen.

4.) Nach und nach die Hälfte des Rückenfetts zufügen. Wie bei einer Mayonnaise wird durch langsame Zugabe des Fetts eine stabile Emulsion hergestellt. Daher ist es auch wichtig, dass die Masse nicht wärmer als ca. 16 °C wird, um ein Gerinnen zu verhindern.

5.) Restliches Eis und Fett zu geben und weiter mixen, bis die Konsistenz möglichst fein ist.

Die Masse zügig in eine beschichtete Backform oder kleine Alu-Schalen füllen und die Oberfläche glatt streichen. Im Backofen bei 100 °C Umluft garen, bis die Kerntemperatur des Leberkäses 70°C beträgt.

Dieser schmeckt hervorragend warm auf Brötchen, gebraten mit Spiegelei, Sauerkraut und Kartoffelpüree oder als Fleischeinlage für einen leckeren Fleischsalat mit selbst eingelegten Gewürzgurken. Da fällt mir ein, man könnte auch Sauerkraut und Senf selbst herstellen.

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