Selbst gemachtes Sauerkraut

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Die Mutter meiner Schwägerin besitzt einen Sauerkraut-Topf. Früher hatte die Familie mehrere, kleine Gärten und diese wurden für allerlei Gemüse und Getier genutzt. Im Prinzip waren sie größtenteils Selbstversorger mit Kaninchen, Bienen, Hühnern und diversen Obst- und Gemüsepflanzen.

Der besagte Sauerkraut-Topf wurde im Herbst mit dem fein gehobelten Kraut aus dem Garten bestückt und so kamen alle gesund durch den Winter: Sauerkraut ist ja bekanntlich reich an Vitaminen. Ich vermute, auch sämtliche Einwohner des Ortes sind gut durch den Winter gekommen, denn der Topf ist groß; es passen 20 l hinein. Schwer ist er auch, insbesondere, wenn er mit Kraut gefüllt ist.

Zunächst habe ich also den schon im leeren Zustand etwa 15 Kilo wiegenden Topf nach Hause geschleppt (wir wohnen allerdings gleich um die Ecke) und dann, damit die Fotos besser werden, im Garten mit Kohl bestückt. Ein Fehler!

Beim Hobeln trennte ich zunächst mit der extrem scharfen Reibe ein Stück meiner Fingerkuppe vom Ringfinger ab, konnte es aber zum Glück wieder aus dem Kraut fischen. Weiter ging es mit einem Latex-Handschuh und provisorischem Verband sowie ab jetzt mit dem dafür vorgesehenen "Fingerschutzhalter".

Als der Topf mit etwa 18 kg Kraut gefüllt war, wog er also 33 kg. Die Griffe am Topf, die ihren Namen nicht verdienen, kann man jeweils nur mit den 3 mittleren Fingern halten. Man könnte auch sagen, mit den Fingerkuppen der Finger, von denen mir eine dummerweise fehlte. Da mein Ringfinger somit ausfiel und vor sich hin blutete, wuchtete ich den Topf Stufe für Stufe mit verkrampfter Hand die Kellertreppe hinunter.

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, hatte ich die Rinne des Topfes, die zum Abdichten des Deckels dient, gleich mit heißem Essigwasser gefüllt. Beim Tragen schwappte es also munter nach und nach heraus. Um nicht von dem Topfgriff abzurutschen, hatte ich meinen Latexhandschuh ausgezogen und so brannte der Essig erfrischend in der Wunde. Aber sie war nun wenigstens desinfiziert.

Nachdem der Topf endlich im Keller stand, hatte das Kraut nun 6 Wochen Zeit, um zu gären, während ich mich von den Rückenschmerzen erholen und der Fingerkuppe beim Nachwachsen zusehen konnte.

Wer schlau ist, wie die Mutter meiner Schwägerin, bestückt den Topf direkt im Keller und entnimmt portionsweise bei Bedarf das fertige Kraut. Natürlich gibt es auch kleinere Töpfe.

Zum Rezept für Sauerkraut -> hier klicken.

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Was passiert mit dem Kohl während der 6 Wochen?

Die Umwandlung des Kohls zu Sauerkraut ist von drei Faktoren abhängig:

1. Anteil des zugefügten Salzes
2. Sauerstoffkonzentration
3. Gärungstemperatur

Dabei durchläuft die Fermentierung des Kohls drei Phasen:

1. Phase der Sauerkraut-Herstellung (1. Woche)

Der Kohl wird vom Strunk, schadhaften Stellen und den äußeren Blättern befreit und möglichst fein gehobelt. Das Kraut wird daraufhin gleichmäßig mit Salz vermischt (0,9 - 2,2 %) und schichtweise in den Sauerkrauttopf gefüllt. Dabei müssen die Schichten immer wieder kräftig gestampft werden. So wird das Pflanzengewebe zerstört, es stirbt ab und durch das zugefügte Salz entsteht durch Osmose aus dem Zellsaft eine Lake. Gibt man zuviel Salz zum Kraut, bleibt es fest, da viel Wasser entzogen wird.

Ist der Top zu etwa 4/5 gefüllt, wird das Kraut mit einigen ganzen Kohlblättern bedeckt, damit das Kraut nicht an die Oberfläche der Lake steigt. Mit Steinen beschwert, sollte die entstandene Flüssigkeit nun etwa 2 cm über diesen stehen.

Nun verschließt man den Topf und füllt etwas abgekochtes Essigwasser in die Rinne, in der der Deckel liegt. Der Topf sollte in den kommenden Woche möglichst nicht geöffnet werden.

Da sich noch Sauerstoff in dem Gefäß befindet, beginnen nun zahlreiche aerobe und anaerobe Mikroorganismen, die sich auf den Kohlblättern befinden, ihre Arbeit. Verschiedene Hefen und Bakterien bilden dabei mit Sauerstoff unterschiedliche Aromen, Essigsäure und Ethanol. In dieser Phase entstehen viele geschmacksgebende Stoffe.

Während der ersten 4 Tage verarbeiten zudem bestimmte heterofermentative* Bakterien namens Leuconostoc Mesenteroides einen Teil des Zuckers im Kohl. Dabei entsteht neben Milchsäure auch CO2, welches nach und nach den Sauerstoff im Topf ersetzt und somit die Mikroorganismen absterben lässt, die sich aerob, also mit Sauerstoff, vermehren.

* Heterofermentative Bakterien erzeugen im Gegensatz zu homofermentativen neben Milchsäure auch andere Endprodukte wie Essigsäure. Der Salzgehalt sollte nicht unter 0,9 % liegen, da ansonsten heterofermentative Bakterien zu stark begünstigt werden. Während der 2. und 3. Phase sollte im Sauerkraut hauptsächlich der Milchsäuregehalt steigen.

Während dieser 1. Phase der Fermentierung sinkt der pH-Wert nach etwa 3-6 Tagen von etwa 6,5 auf unter 4. Das Kraut hat nun einen Milchsäure-Gehalt von etwa 1 % sowie 0,3 % Essigsäure und 0,4 % Ethanol.

2. Phase der Sauerkraut-Herstellung (2.-4. Woche)

Bei optimalen 18-20 °C findet nun die wichtigste Fermentierungsphase statt:

Verschiedene homofermentative Lactobazillen (z.B. Lactobazillus Platnarum) übernehmen die Regie. Sie bilden unter Abbau des Großteils der verbliebenen Kohlenhydrate im Kohl intensiv Milchsäure. Das Kraut wird konserviert und ist somit lange haltbar. Schließlich beginnt bei einem Milchsäure-Anteil von etwa 2% die letzte Phase der Sauerkraut-Gärung.

3. und letzte Phase der Sauerkraut-Herstellung (5.-6. Woche)

Das Kraut hat einen pH-Wert von etwa 3,4-3,8 erreicht. Annähernd alle Kohlenhydrate sind abgebaut worden und der Säuregehalt liegt bei etwa 2,2 %.

Nun kann man das Kraut abfüllen und kochen oder auch roh genießen. Sauerkraut enthält neben Ballast- und Mineralstoffen natürlich Milchsäure und die Vitamine A, B, C, E und K. Außerdem hemmen enthaltene Isothicyanate nach neuesten Forschungsergebnissen das Wachstum von Krebszellen.

Jeden Tag 1-2 Löffel rohes Sauerkraut können also Wunder bewirken.

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Ein kleiner Nachtrag:

Vielleicht wusste man früher noch nicht, was bei der Herstellung des Sauerkrauts genau vor sich geht, durch Ausprobieren wurden jedoch einfache, aber funktionierende Rezepte entwickelt und überliefert.
In "Dr. Oetkers Schulkochbuch" aus dem Jahr 1931 fand ich folgende Anleitung:

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Roggen-Sauerkraut-Brötchen

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Seit meinen ersten Versuchen mit Roggen-Sauerteig habe ich mittlerweile einige Erfahrungen gesammelt. Wer diese nachlesen möchte, findet hier (-> Sauerteig) und hier (-> Misch- und Restebrot) die entsprechenden Artikel.

Anfangs hatte ich etwas Respekt vor Brotrezepten, die einen Sauerteig-Ansatz erforderten, mittlerweile ist dieser größtenteils verflogen.
Das liegt auch daran, dass die Erfahrung gezeigt hat, dass Teige bezüglich der Zeit, Mengenangaben oder Temperatur, eine größere Toleranz erlauben als gedacht. Man muss sie nur hin und wieder begutachten.

Wenn mir also mein Sauerteigansatz verdirbt oder ich einfach wieder einmal vergessen habe, eine kleine Menge aufzuheben, setzte ich einfach einen neuen an:
In einem Weck-Glas mit Deckel ohne Dichtung etwa zwei EL Roggenvollkornmehl mit Wasser mischen, so dass der Ansatz gut zu verrühren, jedoch nicht zu flüssig ist. An den beiden folgenden Tagen jeweils diese Menge Mehl und Wasser dazu geben. Das Glas steht in der Küche auf der Fensterbank bei etwa 20 °C.

Einen Tag bevor ich ein Brot backen möchte, vermische ich diesen Ansatz mit 600 g Roggenvollkorn-Mehl und 650 ml Wasser. Das Ganze kurz mit einem Löffel verrühren. Am nächsten Tag sollte sich dieser Sauerteig verdoppelt haben und von vielen Bläschen durchzogen sein.
Den entstanden Sauerteig mit 400 g Mehl nach Wunsch (Weizen, Dinkel oder Roggen) mischen und kurz verkneten. Bei Verwendung von Weizen- und Dinkelmehl gebe ich noch etwas Hefe dazu.

Es kommt also nur auf einen guten Plan an, die Zubereitungszeit ist kurz, denn das Anrühren des Sauer- und Kneten des Brotteigs dauert nur wenige Minuten, zumal sich im Roggenteig kein Gluten-Gerüst ausbilden muss. Dies wird durch die enthaltenen Schleimstoffe (Pentosane) verhindert, die ihrerseits jedoch für die Struktur der Krume verantwortlich sind. Aber dies nur nebenbei, es soll diesmal nicht zu wissenschaftlich werden.

Was man sich merken sollte: je höher der Roggenmehl-Anteil im Brot, desto weniger muss geknetet werden, und desto mehr Säure benötigt der Teig, damit er nach dem Backen nicht klebrig ist. Dies kann zum einen mit einem Sauerteig erreicht werden oder durch zugefügte Säure, wie beispielsweise Buttermilch oder Sauerkraut.

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Womit wir beim Rezept für ein leckeres Roggen-Sauerkraut-Brötchen oder-Baguette sind.
Zunächst die schnelle Variante:

Rezept für 9 Brötchen á 80 g:

150 g Roggenmehl Typ 1370
100 g Sauerkraut mit etwas Saft
300 g Weizenmehl Typ 550
1/2 Block frische Hefe
10 g Salz
5 g Zucker
250 ml warmes Wasser
etwas gemahlenen Kümmel (nach Geschmack)

Alle Zutaten in einer Küchenmaschine oder von Hand zu einem mittelfesten Teig kneten. Eventuell etwas Wasser oder Mehl zugeben, falls der Teig zu trocken ist oder zu stark klebt.

Etwa 30 Minuten ruhen lassen, dann Brötchen mit je 90 g Gewicht falten und schleifen und auf ein Backpapier oder in einen runden Bräter mit ofenfestem Deckel geben. Wenn möglich im Backofen bei 35 °C etwa 30 Minuten gehen lassen, bis sich die Teiglinge verdoppelt haben. Nach Belieben einschneiden und im vorgeheizten Ofen bei 230 °C ca. 15-20 Minuten fertig backen.

Eine schöne braune Kruste bekommt man allerdings nur mit Feuchtigkeit im Ofen. Die erreicht man mit
- einer Schale mit kochendem Wasser, die man zu Beginn des Backens mit in den Ofen schiebt und nach etwa 10 Minuten wieder entfernt.
- einigen Sprühstößen aus einem Zerstäuber auf die heiße Ofenwand nach Einschieben der Brötchen.
- einem geschlossenen Bräter, in dem die Brötchen zunächst für ca. 10 Minuten backen und dann ohne Deckel weitere 5 Minuten knusprig bräunen.
- einem Kombi-Dampfbackofen.

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Und schließlich noch die klassische Variante mit Sauerteig:

Am Vortag:
20 g Sauerteig-Ansatz (ASG) mit 200 g Roggenmehl und 200 ml Wasser vermischen und 24 Stunden im Zimmer stehen lassen.

Am Backtag:
200 g Sauerteig vom Vortag
100 g Sauerkraut - kurz abgetropft
200 g Weizenmehl Typ 550
100 g Vollkorn-Roggenmehl
120 ml Wasser
1/4 Block frische Hefe
10 g Salz
5 g Zucker
etwas gemahlenen Kümmel (nach Geschmack)

Zubereitung wie oben.

Natürlich kann man aus dem Teig auch schöne Baguettes backen. Und richtig lecker schmeckt es mit Parma-Schinken und Frischkäse! Habe ich das schon mal geschrieben?

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Pulled Pork Burger mit 3 x Sauerkraut

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Manchmal darf man es auch übertreiben.

Auf der Suche nach einem Rezept mit Sauerkraut kam ich auf die Idee, einen Pulled-Pork-Burger mit Sauerkraut Brötchen zu kreieren. Dann dachte ich mir, wenn die Dose schon mal geöffnet ist, könnte ich auch gleich aus dem Sauerkraut einen Cole Slaw, also Krautsalat mit Mayonnaise zubereiten. Da immer noch etwas Sauerkraut übrig war, habe ich auch noch ein wenig zum Pulled Pork dazu gegeben und siehe da, alles zusammen schmeckt nicht übertrieben nach Kraut sondern einfach lecker.

Das Schöne an dieser Sauerkraut-Kombination ist, dass jedes Rezept auch für sich stehen kann:

Die Brötchen schmecken fantastisch mit Frischkäse, der Krautsalat ist eine schnelle Alternative, wenn man keine Lust hat, Kohl zu schneiden und zu kneten. Und schließlich geht das Sauerkraut-Pulled-Pork auch mit Kartoffeln als Szegediner-Gulasch-Variante oder Suppe durch. Wer sich jedoch nicht entscheiden kann, bereitet einfach alles zu. Wenn die Dose schon mal geöffnet ist...


Zu den Rezepten

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1. Sauerkraut-Speck-Brötchen (für 9 Stück á 80 g)

In die Schale einer Küchenmaschine folgende Zutaten geben und kneten:
220 ml lauwarmes Wasser
1/2 Block frische Hefe - zerbröselt
100 g Sauerkraut
450 g Weizenmehl Typ 550
40 g Speck - fein gewürfelt
5 g Zucker
10 g Salz

Etwa 5 Minuten kneten, bis ein glatter, elastischer Teig entstanden ist. An einem warmen Ort etwa 30 Minuten gehen lassen. Der Teig sollte sich verdoppeln.
Dann auf eine leicht bemehlte Arbeitsplatte geben und Brötchen mit je 90 g falten und schleifen.
Mit etwas Abstand auf ein Backblech mit Backpapier legen und kreuzweise einschneiden.
In den kalten Ofen schieben und auf 230 °C Umluft einstellen. Etwa 20 Minuten backen.

Tipp: Ich experimentiere gerade mit einem Schmortopf, in dem ich Brot und Brötchen backe. Der Vorteil liegt darin, das die Feuchtigkeit im Teig nicht sofort entweicht, sondern auf der Oberfläche der Brötchen kondensiert. Wenn man nach etwa 15 Minuten den Deckel abnimmt und die Brötchen für weitere 5 -10 Minuten backt, werden sie schön knusprig und braun. Der Topf, den ich verwende (ein Model von Berndes), hat eine Antihaft-Beschichtung, andernfalls sollte man etwas Backpapier auf den Boden legen.


2. Pulled Pork mit Sauerkraut

Im Blog sind zwei schnelle Rezepte für Pulled Pork:

Die Variante im Schnellkochtopf: -> hier klicken
Ein Rezept meiner Schwester: -> hier klicken

Das Fleisch nach Fertigstellung einfach mit etwas Sauerkraut mischen und abschmecken.


3. Cole Slaw aus Sauerkraut

Wenn man diesen Salat probiert, fragt man sich, warum da niemand früher drauf gekommen ist (oder hatte schon jemand die Idee?).

Für 4 Portionen:

200 g Sauerkraut
20 g Mayonnaise
20 g Creme Fraiche
10 g Zucker
1 TL Dillspitzen

Alles gut vermischen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.

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