Umami-Brot

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In der Küche wird die Zugabe von Glutamat, das Salz der Glutaminsäure, oft verteufelt. Die meisten denken dabei an einen Zusatzstoff, der in reiner synthetischer Form von der Tütensuppe bis zu Kartoffelchips zum Einsatz kommt.

Durch die übliche Bezeichnung „Geschmacksverstärker“ könnte man meinen, durch Zugabe des weißen Pulvers, würden andere Geschmacksrichtungen verstärkt: Salziges also durch Glutamat noch salziger werden.
Die Aufschrift „ohne Geschmacksverstärker“ soll suggerieren, dass wir ein Produkt in Händen halten, welches nur mit „ehrlichen“ Zutaten gewürzt worden ist. Frei von Zusätzen, die auf mysteriöse Weise den gesamten Geschmack verstärken.

Dies ist allerdings aus mehreren Gründen irreführend:

1.) Mononatriumglutamat lässt sich mit Hilfe von Bakterien synthetisieren, was das erwähnte weiße Pulver ergibt. Auch viele herkömmliche Lebensmittel enthalten Glutamat: Tomaten, Pilze, Fleisch, Käse uvm. Ein Parmesankäse enthält nur durch den Reifeprozess viel Glutamat.

2.) Sieht man in die Zutatenliste der beworbenen, angeblich Geschmacksverstärker -freien Fertigprodukte, findet man häufig Zutaten wie Hefeextrakt, Aroma oder Würze, welche reich an Glutamat oder nur ein Synonym dafür sind. Die Kennzeichnung scheint hier nur eine Definitionssache des Lebensmittelrechts zu sein.

3.) Es ist nicht der Fall, dass Mononatriumglutamat andere Geschmacksrichtungen verstärkt. Das Einzige, was durch Zugabe einer Zutat verstärkt wird, ist ihr eigener Geschmack: Salziges wird nur durch Salz noch salziger. Durch Zugabe von beispielsweise Zucker oder Glutamat wird jedoch ein salziger Geschmack nicht verstärkt.
Allerdings wird der Geschmack einer Speise durch Zugabe verschiedener Geschmacksrichtungen komplexer. Daher gibt man häufig eine Prise Salz an eine Süßspeise oder etwas Zucker in eine aromatische, herzhafte Sauce. Je mehr Reize also auf unserer Zunge angeregt werden, desto mehr Aufmerksamkeit bekommt also auch die entsprechende Nahrung von uns.

Die Entdeckung der 5. Geschmacksrichtung

Der Biologe Charles Zucker bewies im Jahr 2001, dass sich auf der menschlichen Zunge und auch bei bestimmten Tieren spezielle Rezeptoren für verschiedene Aminosäuren, wie besagtes Mononatriumglutamat, befinden, welche den Umami-Reiz auslösen.

Die Entdeckung dieses fünften Geschmacksinns, liegt noch gar nicht so lange zurück. Der japanische Chemiker Kikunae Ikeda fand 1908 heraus, dass Kombu besonders viel Mononatriumglutamat enthält. Diese Braunalgen-Art, die in Japan schon seit über 1000 Jahren als Basis für Fonds genutzt wird, ruft einen Geschmack hervor, der nicht mit süß, sauer, salzig und bitter zu beschreiben ist.

Ikeda nannte diesen Geschmack "Umami", was auf japanisch "herzhaft" bedeutet.

Einige Jahre nach K. Ikeda entdeckte ein Kollege, dass auch gepökeltes und getrocknetes Thunfischfleisch eine die Umami-Geschmacksrezeptoren auslösende Substanz namens Inosinmonophosphat enthält. In den sechziger Jahren fand man zudem einen weiteren Stoff in Shitake Pilzen (Guanosinmonophosphat).
Interessanterweise handelt es sich bei allen drei Substanzen um "echte" Geschmacksverstärker: gibt man also z.B. etwas Inosinmonophophat zu Mononatriumglutamat hinzu, verstärken sich diese Stoffe gegenseitig. Warum dies so ist, ist jedoch noch nicht genau erforscht.

Ich glaube auch nicht, dass die Lebensmittelindustrie dieses Prinzip im Sinn hat, wenn sie eines Ihrer zahlreichen Produkte mit der Aufschrift „ohne Geschmacksverstärker“ bewirbt.

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Als kleines Beispiel für die praktische Anwendung des theoretischen Ausflugs in die Welt des Glutamats folgt nun ein Rezept für ein
Umami-Brot, welches mit einer Umami-Gewürzmischung aromatisisert wird.

Neben diversen frischen Obst- und Gemüsesorten enthalten auch viele fermentierte Produkte reichlich Glutamat. Soja-Sauce wird auf Basis von Weizen-Eiweiß und natürlich Soja hergestellt.
Für das Brot ersetzte ich damit einen Teil der Salzmenge.
Zusätzlich zur zugefügten Hefe, die ebenso eine reichhaltige Quelle an Glutamat ist, habe ich zudem getrocknete Tomaten, frische Champignons und Parmesankäse verwendet.

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Das Brot habe ich in einem schweren Gusstopf gebacken, den ich mit einigen Weißkohlblättern und etwas Speck ausgelegt habe. Der Kohl dient dazu, während des Backens Feuchtigkeit abzugeben und verhindert, dass der Teig am Boden festklebt. Anstelle der hier verwendeten Speckwürfel kann man den Kohl mit dünnen Scheiben Bacon auslegen.


Rezept für zwei Umami-Brote mit je 800 g

Für die Würzpaste:

50 g frische Champignons
50 g getrocknete Tomaten - in heißem Wasser eingeweicht und ausgedrückt
30 g Soja-Sauce
10 g Parmesan - fein gerieben
2 g Brotgewürz aus der Mühle (Fenchel, Kümmel und Koriandersamen)
10 g Salz
Alle Zutaten mit einem Pürierstab zu einer feinen Masse mixen.


Vorteig

150 g Roggen-Vollkornmehl
250 g Wasser
50 g flüssiger Sauerteig

Alles Zutaten vermischen und 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen. Der Vorteig sollte sich dann etwa verdoppeln und voller Blasen sein.

100 g altes Mischbrot - gewürfelt und in 300 ml Wasser eingeweicht

Das eingeweichte Brot nach 24 Stunden im Standmixer zu einer feinen Masse mixen.

Hauptteig

550 g Roggenmehl Typ 1050
300 g Weizenmehl Typ 550
16 g frische Hefe

Die Zutaten für den Hauptteig zusammen mit der Würzpaste, dem Vorteig und der Altbrot-Masse ca. 5 min. zu einem elastischen Teig kneten. Etwa eine Stunde bei ca. 30 °C gehen lassen (z.B. im angewärmten Backofen). Aus dem Teig zwei Brote formen. Dieses in den mit Kohlblättern ausgelegten Topf legen und erneut mit geschlossenem Deckel etwa 1 Std. gehen lassen. Der Teigling sollte sich deutlich vergrößern. Nach Belieben mit einem scharfen Messer einschneiden.

Den Ofen auf 230 °C Umluft vorheizen und den Topf mit Deckel hineinschieben. Nach 30 min. den Deckel abnehmen und weitere 25-30 min. backen. Die Kruste sollte dunkelbraun und knusprig sein.

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Alternativ das Brot ohne Topf backen:

Den Ofen auf 230 °C Umluft vorheizen, eine feuerfeste Schale mit etwa 100 ml kochendem Wasser füllen und dieses zusammen mit den Broten in den Backofen schieben. Nach 20 min. die Schale herausnehmen, die Temperatur auf 180 °C senken und noch einmal etwa 30 min. backen, bis die Kruste schön braun und knusprig ist. Lieber etwas zu dunkel als zu hell backen.

Das Brot aus dem Topf nehmen und vor dem Anschneiden vollständig auskühlen lassen. Die Umami-Würzpaste fügt dem ohnehin schon sehr komplexem Sauerteig-Aroma eine wunderbare Umami-Note hinzu.

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Steinpilz-Umami-Chips

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In unserem Gefrierfach lagen zwei Beutel mit Steinpilzen aus dem Harz. Mit denen konnte ich nicht so recht etwas anfangen, denn diese Steinpilze neigten dazu, beim Zubereiten eine ziemlich schleimige Konsistenz zu bekommen.

Da ich noch das Tomatenpapier-Experiment im Hinterkopf hatte, kam ich auf folgende Idee:

Ich habe die Pilze aufgetaut und etwas eingekocht. Danach relativ fein püriert, mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt und so dünn wie möglich auf ein Backblech mit Backpapier gestrichen. Zuletzt im Backofen bei etwa 100 °C Umluft ca. 2 Stunden lang getrocknet, bis sich die Steinpilz-Platte vom Backpapier löst und knusprig ist.

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Man kann dieses große Stück schließlich nach Belieben in Portionen brechen oder zu einem Würzpulver zermahlen.
Durch den hohen Gehalt an freiem Glutamat, schmecken die Pilz-Chips sehr intensiv. Vergleichbar mit Beef Jerky.

Wie auch das Tomatenpapier sind die Steinpilz-Chips sehr lange haltbar, wenn man sie luftdicht verschlossen aufbewahrt. Bei uns waren sie allerdings sehr schnell weggeknabbert.

Anbei noch ein weiteres Beispiel zur Verwendung als Brot-Belag:

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