Verjus

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Seit ein paar Jahren rankt eine Weinrebe auf unserer Terrasse. Als wir sie pflanzten, haben wir nicht darauf geachtet, ob es sich bei den Früchten um Tafeltrauben handelt, denn ursprünglich ging es uns eher um die Verzierung durch das schöne Blattwerk. So waren die ersten Trauben klein mit vielen Kernen. Man könnte auch sagen, es waren Kerne mit etwas Traube drum herum. Wobei wir sie im reifen Zustand nie erlebt haben, denn Amseln und Wespen hatten den Großteil der Ernte schon vernichtet, ehe die Früchte reif waren.

Die Kombination aus Amseln und Wespen nervt extrem:

Tritt man nämlich auf die Terrasse hinaus, gab es ein unglaubliches Geflatter der aufgescheuchten Vögel, die gemütlich im dichten Blätterwerk saßen, Früchte fraßen und diese direkt auf unsere Holzterrasse ausschieden. Dazu noch gefühlte hundert Wespen. Aber Anja sagt immer, ich solle nicht so panisch reagieren, Wespen würden nur stechen, wenn sie sich bedroht fühlen. Doof ist nur, wenn sie wie vor neulich unter meine kurze Hose kriechen und sich dann von dieser bedroht fühlen. Sie stachen dann aber nicht die Hose sondern mir ins Bein.

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Dieses Jahr trug die Rebe extrem viele Früchte und so sprach sich unsere Terrasse als der Party-Treff in der Tierwelt herum. Viele Früchte = viele Tiere.
Es galt also, ein Rezept für unreife Weinbeeren zu finden. Denn entweder wir pflückten sie jetzt oder nie.

Die Lösung: Verjus

In diversen Kochbüchern stieß ich immer wieder auf eine Zutat namens Verjus (im Mittelalter auch Agrest genannt).
Verjus (franz.: grüner Saft) wird aus unreifen Trauben hergestellt.

Umschwirrt von Wespen, machten Anja und ich uns daran, die Trauben zu pflücken und obwohl ich extrem filigran gearbeitet und die Insekten nicht bedroht habe, hat mich doch eines genau in die Spitze des Mittelfingers gestochen. Eine blöde Stelle, gerade wenn man anderen von seinem Leid erzählen und dies mit einer Geste untermalen möchte. Zudem habe ich gehört, dass man nach drei Wespenstichen stirbt. Aber ich will nicht panisch werden, außerdem bezieht sich die Warnung vermutlich auf Stiche pro Tag. Während ich also auf Anzeichen eines allergischen Schocks wartete, hat die letzten Trauben dann Anja gepflückt. Warum wird sie eigentlich nie gestochen?

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Doch zurück zum Verjus.

Als in Europa Zitronen noch Luxus oder völlig unbekannt waren, wurden die Speisen mit Essig oder eben Verjus gesäuert. Das Rezept wurde vor etwa 1000 Jahren aus dem Orient überliefert. Die unreifen Beeren wurden gesalzen und zerstoßen und der gefilterte Saft somit haltbar gemacht. Heutzutage wird Verjus pasteurisiert.

Etwa im 13. Jahrhundert wurde von Seefahrern die Zitrone nach Südeuropa gebracht. Im späten 16. Jahrhundert verdrängte sie auf ihrem Siegeszug, in Deutschland angekommen, Verjus als Säuerungsmittel. Aber alles kommt irgendwann wieder.

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Für unsere Zubereitung haben wir die Trauben entsaftet und dann circa 10 Minuten im Schnellkochtopf erhitzt. Schließlich durch ein Sieb mit einem Mulltuch gefiltert und noch heiß in sterilisierte Flaschen abgefüllt. Interessanterweise ändert sich die Farbe des Saftes von grün in ein milchiges orange. Die optische Verwandlung ist schon erstaunlich.

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Der saure Saft eignet sich fantastisch zur Herstellung von Limonade oder für Rezepturen, in denen ein Schuss Wein oder Essig verlangt wird. Verjus hat eine feinere und mildere Säure als Essig, aber ein komplexeres Aroma als reiner Zitronensaft.

Rezept für eine milde Verjus-Vinaigrette:

Ein sauberes Marmeladenglas o.ä. auf eine Küchenwaage stellen und folgende Zutaten hineinfüllen:

50 g Verjus
5 g Salz
10 g Senf
15 g Ahornsirup
100 g Rapsöl

Mit dem Deckel verschrauben und kräftig schütteln, bis das Dressing emulgiert ist. Bis zur Verwendung im Kühlschrank aufbewahren. Die Vinaigrette kann man beispielsweise als Salat-Dressing, Würze für Mozzarella mit Tomaten oder für Roastbeef verwenden.

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