Gewürze für Wiener Würstchen

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Bevor es nun endlich an das Herstellen der Wiener Würstchen geht, bin ich noch die Gewürzliste meines Vaters durchgegangen. Für ein klassisches Würstchen liest sich die Zusammenstellung recht exotisch. Da mittlerweile das Thema "Food Paring", also das Kombinieren von Aromen, groß in Mode ist, lohnt sich ein etwas genauerer Blick auf die Zutatenliste, denn jedes Gewürz hat seinen Sinn und die Rezeptur hat seit Jahrzehnten Bestand.

Wie auf dem Schaubild zu sehen, enthält jedes Gewürz verschiedene Aroma-Moleküle. Diese haben bestimmte Eigenschaften, wie z. B. flüchtig oder auch wasserlöslich und sind verantwortlich für einen Teil des Aromas. In unserem Fall ist beispielsweise der Stoff Limonen (nicht die Zitrusfrucht), ein cyclisches Terpen, sowohl in Kardamom und Muskatnuss als auch in Koriander enthalten. Diese Gewürze harmonieren gut miteinander, denn sie sind sich unter diesem Aspekt ähnlich.

Für eine gewisse pikante Schärfe sorgen Pfeffer, Paprika und Zwiebel, die allesamt durch unterschiedliche Stoffe den Trigenimus-Nerv im Mund- und Rachenraum reizen.
Wer mehr über unseren Geschmacks- und Geruchssinn erfahren möchte, kann einen Blick auf diesen älteren Beitrag werfen (-> hier klicken).

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Zu den Gewürzen im Einzelnen:

Scharfes Paprika-Pulver

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Für das scharfe Paprikapulver habe ich Chilis, die ich letztes Jahr getrocknet habe, mit getrockneten Spitzpaprika gemischt. Botanisch gesehen, sind die meisten Chilis und Paprika gleich (capsicum annuum).
Für Paprikapulver wird übrigens eigentlich keine Gemüse- sondern Gewürzpaprika verwendet, das Pulver aus den getrockneten Spitzpaprika ist aber auch sehr aromatisch mit einer leichten süß-bitteren Note.

Zum Trocknen habe ich die Schoten gewaschen, halbiert, entkernt und dann bei ca. 50 °C 2-3 Tage in einer Wärmeschublade getrocknet. Sie sind fertig, wenn sie sich leicht zerkrümeln lassen. Schließlich noch in einer Gewürzmühle fein zermahlen.

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Das Wurstbrät wird durch Capsanthin und Capsorubin in der Paprika leicht rot gefärbt. Die endgültige Farbe der Wiener Würstchen entsteht allerdings erst durch das spätere Räuchern.

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In Paprika ist übrigens auch Curcumin enthalten, welches für die gelbe Farbe und leicht bitteren Aromen verantwortlich ist. Dieser Stoff ist auch in Ingwer und Kurkuma enthalten. Wenn Paprika grün ist, ist sie noch nicht reif. Dann dominiert das Chlorophyll.

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Weißer Pfeffer

Der Pfeffer sollte erst kurz vor der Verwendung gemahlen oder gemörsert werden, wenn die flüchtigen, scharfen Aromen gewünscht sind.
Weißer Pfeffer sind vollreife, rote Früchte, die gewässert und geschält werden. Dadurch schmeckt er weniger aromatisch ist aber schärfer als schwarzer Pfeffer. Leider bekommt er durch die Fermentation und zu lange Lagerung auch Kuhstall-Noten (Skatol).

Für das Wurstbrät wird er neben der Schärfe wegen seiner hellen Farbe verwendet, da so keine schwarzen Pünktchen in der Masse zu sehen sind.

Macis-Blüte

Die Muskatnuss ist eigentlich keine Nuss, sondern ein Fruchtkern. Um diesen Kern herum, unter dem Fruchtfleisch, befindet sich der rote Samenmantel. Dieser wird getrocknet als Macis-Blüte verkauft. Die Blüte ist etwas milder als der Kern und wird gern für Desserts verwendet.

Für die leichte Schärfereizung ist ein Stoff namens Gingerol verantwortlich, der auch in Ingwer und Kurkuma enthalten ist.

Vor einigen (vielen) Jahren war Muskatnuss neben Hanfsamen aus Vogelfutter und schwarzem Tee in Nähgarnröllchen Teil meiner ersten bewusstseinserweiternden Experimente. Wir hatten damals gehört, dass der in Muskatnuss enthaltene Stoff Myristicin bei Einnahme zu amphetaminähnlichen Substanzen abgebaut wird. Was wir nicht wussten, war, dass man 2-3 Nüsse verzehren muss und der Effekt auch von einer bestimmten genetischen Veranlagung abhängt. Es wirkt also nicht bei jedem. Uns ist jedenfalls nur furchtbar übel geworden.

Kardamom

In Europa wird Kardamom, den es als schwarze und grüne Kapseln gibt, hauptsächlich für Süßspeisen verwendet. Die grünen Kapseln sind etwas milder und nicht so bitter. Durch das enthaltene Eugenol erinnert Kardamom an Nelken mit einem leicht blumigen Aroma. Wer das pure Aroma einsetzen möchte, sollte nur die in den Kapseln enthaltenen Samen verwenden. Für die Wurst haben wir allerdings auch die Schale gemahlen.

Koriandersamen

Die Samen sind eigentlich Früchte. Wie auch bei der Muskat-Blüte, sorgt ein Stoff namens Geraniol, der übrigens auch in Lorbeer und in Geranien enthalten ist, für das blumige Aroma.
Im Orient ist Koriander in fast allen Gewürzmischungen enthalten. Wenn man ihn vor Verwendung leicht anröstet, entstehen nussige Aromen.
Wenn man Koriandersamen mahlt, erinnert ein Stoff namens Linalool an klassische (Wurst-)Kräuter wie Majoran oder auch Thymian, in denen er ebenfalls enthalten ist.

Mit dem sehr speziellen Korianderkraut mit seinen an Seife erinnernden Aromen, haben die Samen aromatisch übrigens nur wenig gemeinsam.

Zwiebel

Da ein Hot Dog nicht ohne getrocknete Zwiebeln denkbar ist, werde ich dieser Zutat einen eigenen Eintrag spendieren.

Wer schon immer wissen wollte, was es mit dem Geruch von Knoblauch auf sich hat, findet in diesem Artikel einige Informationen. Übrigens der erste Eintrag dieses Blogs im Januar 2014 (-> hier klicken).

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Trotz der auf den ersten Blick exotischen und ungewöhnlichen Kombination, dürfen die einzelnen Aromen in dem Würstchen nicht unangenehm herausstechen, sondern sollen sich ergänzen und zusammen harmonieren.

Das Gleiche gilt für die Verwendung von Salz. Hierbei muss man außerdem beachten, dass die Wurst beim Erwärmen noch etwas geschmacksintensiver wird. Wie bei einem Kuchenteig, sollte man sich beim abwiegen der Gewürze möglichst genau an die Vorgaben halten, denn später lässt sich nichts mehr korrigieren.

Hausgemachte Hot Dogs - Teil 4: Wiener Würstchen

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Es geht um die Wurst. Diesbezüglich führte ich einige Vorbesprechungen mit meinem Vater, dem Metzger a.D.

Da ich im Laufe dieses Experiments immer mehr darauf gekommen bin, zur Herstellung der Hot Dog-Komponenten wirklich keine unnötigen, vorgefertigten Produkte zu verwenden, fragte ich meinen Vater, ob wir für die Wurstmasse auch Ei anstelle von Diphosphat (Kutterhilfe) verwenden könnten. Er sagte mit einem Blick aus Mitleid und Sarkasmus, dass wir auch Bananen nehmen könnten, darin wäre ja auch Phosphat. Nun gut, also kein Ei.

Das Phosphat stabilisiert die Wurstmasse, da es sich bei dieser um eine Emulsion aus Wasser (Eis), Fett und dem Eiweiß im Fleisch handelt. Im Prinzip wird durch Phosphat, welches im lebenden Organismus u.a. die Muskelkontraktion steuert, ein Zustand erreicht, in dem das Eiweiß wieder Wasser aufnehmen und binden kann. Die Wurst ist dann saftig, ohne das Flüssigkeit herausläuft.

Eine weitere wichtige Zutat ist Nitritpökelsalz. Diese MIschung aus Kochsalz und Kalium- oder Natriumnitrit bewirkt, dass die anfänglich fast weiße Brühwurstmasse mit der Zeit durch Wärme rötlich wird und nicht grau. Zudem bekommen die Würstchen ein spezielles Pökelaroma und das Nitrit verhindert, dass das Fett in der Masse zu schnell ranzig wird.

Weitere Informationen hierzu habe ich im Artikel über Leberkäse aufgeführt. Die Massen von Leberkäse und Brühwurst sind sehr ähnlich (-> hier klicken). Wenn also noch etwas Brät beim Füllen der Wiener übrig bleibt, kann man es einfach in eine Kastenform geben und bei 90 °C bis zu einer Kerntemperatur von 70 °C garen.

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Von allen Komponenten, die für einen Hot Dog benötigt werden, ist die Zubereitung eines Wiener Würstchens mit Abstand die Aufwändigste. Am schlimmsten jedoch ist der Abwasch.
Es fallen Unmengen an Schalen und Geräten an, die gereinigt werden müssen. Außerdem kriecht die recht zähe Wurstmasse in alle Ritzen der Maschinen.
Für die einzelnen Verarbeitungsschritte, habe ich folgende Geräte benutzt und somit kam auch endlich der gesamte Küchenfuhrpark, der sich im Laufe der Zeit angesammelt hat, zum Einsatz:

1. Fleischwolf-Aufsatz für eine Küchenmaschine zum Vorschneiden von Fleisch und Fett
2. Gewürzmühle zum Mahlen der trockenen Gewürze sowie ein Pürierstab zum Zerkleinern der Zwiebel
3. Standmixer zum Herstellen des Eisschnees
4. Kleiner Tischkutter zum Herstellen des Wurstbräts
5. Wurstfüll-Aufsatz für die Küchenmaschine
6. Kohlegrill mit Deckel zum Räuchern

Dazu noch diverse Töpfe und Schalen.

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Während die Würstchen im Garten vor sich hin räucherten, führten die Senioren wichtige Gespräche über Gott und die Wurst.

Dabei zeigte sich, dass man das klassische Handwerk nicht unterschätzen darf: gelernt ist eben gelernt und so lief unsere Produktion dank der Routine meines Vater ziemlich reibungslos ab. Ohne seine Erfahrung wäre es auch nicht möglich gewesen, die Masse auf dem Weg zur fertigen Wurst zu beurteilen.
Man kann sich zwar so gut wie möglich an die Rezeptur oder das angelesene Wissen halten, aber es geht eben um ein Naturprodukt mit vielen Variablen:

Muss noch etwas weiter gekuttert werden, um die Temperatur des Bräts zu erhöhen?
Sollte noch etwas Eis dazu gegeben werden?
Wie ist der Fettgehalt des Fleisches und wieviel zusätzliches Fett wird benötigt?
Ist die Wurst genug geräuchert und so weiter...

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Nach etwa 4 Stunden, in denen wir 25 Würstchen und 3 kleine Schalen mit Leberkäse herstellten, saßen wir dann gegen Abend alle zusammen im Garten und aßen zufrieden selbst gemachte und sehr leckere Wiener Würstchen. Wenn nur der Abwasch nicht wär...

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Zum bebilderten Rezept für Wiener Würstchen -> hier klicken!