Schmoren

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Eine traditionelle, aber immer noch höchst moderne Garmethode, ist das Schmoren oder auch Braisieren. Durch diese komplexe Zubereitung in einem Topf mit geschlossenem Deckel werden drei unterschiedliche Techniken vereint:

1. Garen in einer Flüssigkeit, denn das Fleisch liegt zu etwa einem Viertel darin.
2. Konvektion mit feuchter Luft, die aus dem siedenden aromatischen Sud entsteht.
3. Strahlungshitze, die der heiße Topf samt Deckel überträgt.

Zusätzlich findet vor dem eigentlichen Schmor-Prozess noch das Anbraten der Zutaten statt.

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Ursprünglich wurden in Frankreich glühende Kohlen unter und auf den Braisiers (Schmortopf) gelegt. Auch in einem Dutch Oven aus Guss, den die europäischen Siedler in die USA mitnahmen, wurde auf diese Art gegart.

Was passiert mit dem Fleisch bei dieser Zubereitungsmethode?

Zum Schmoren sollte man bindegewebsreiches und fettes Fleisch auswählen. Ein Filet ist somit nicht geeignet sondern Bäckchen, Wade oder Schulter. Also Muskelgruppen, die durch dauernde Beanspruchung ein stabiles Kollagennetz aufbauen.

Nach einiger Zeit im heißen Ofen erreicht der Braten eine Kerntemperatur von 70 °C. Die Proteine der Muskelfasern nun vollständig denaturiert. Das Fleisch verliert Wasser und ist zäh.
Das Kollagen wird jedoch ab dieser Temperatur nach und nach in Gelatine umgewandelt. Gleichzeitig sorgt intramuskuläres Fett dafür, dass die Temperatur im Fleisch nicht zu stark ansteigt. Beim späteren Verzehr wirkt der Braten durch den höheren Fettanteil und die Gelatine, die nun Wasser gebunden hat, saftiger. Die Muskelfasern sind natürlich weiterhin zäh und faserig.
Was man beim Anschneiden des Bratens beachten sollte: stets gegen die Fasern aufschneiden, damit diese gekürzt werden.
Zudem sollte das Fleisch vor dem Servieren noch einmal auf ca. 50 °C abkühlen. Das Gewebe kann wieder Feuchtigkeit aufnehmen und die Säfte dicken etwas ein.
Auch das scharfe Anbraten kann uns vortäuschen, das Fleisch wäre saftiger, als es eigentlich ist. Die vielfältigen und komplexen Aromen, die dadurch entstehen, sind für einen erhöten Speichelfluss verantwortlich. Pawlow lässt grüßen.

Wenn man viel Zeit hat. Richtig viel Zeit:
Wählt man eine Temperatur, bei der das Kollagen gerade eben anfängt zu denaturieren. Der Schmorbraten sollte dann für 24-48 Stunden bei höchstens 60 °C garen. So wird das Kollagen im Laufe der Zeit ebenfalls zu Gelatine umgewandelt (obwohl die Temperatur unter den benötigten 70 °C liegt).
Gleichzeitig verliert das Muskelgewebe jedoch nicht so viel Wasser wie bei höherer Hitze und kürzerer Garzeit. Erkennbar ist dies an der rosa Farbe des Fleisches, da die Pigmente des Myoglobins intakt bleiben und nicht grau werden.
Eine von Profis diesbezüglich genutzte Technik nennt sich Sous Vide, also Garen im temperierten Wasserbad im Vakuum-Beutel.


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5 Tipps zum richtigen Schmoren:

1. Ein möglichst großes Stück Fleisch verwenden, damit an der Oberfläche wenig Wasser austritt. Das Fleisch vor dem Schmoren rundherum anbraten, um viele aromatische Verbindungen zu erzeugen (Maillard-Reaktion).

2. Einen Topf mit dicht schließendem Deckel verwenden, damit die Aromen sich nicht in der Küche verteilen, sondern das Fleisch aromatisieren können. Momentan benutze ich diesen Topf (-> hier klicken) sehr gern. Die wasserlöslichen Aromen, die zum Teil mit dem Wasserdampf empor steigen, kondensieren am Topfdeckel und tropfen dann wieder auf das Gargut. Im Laufe des Schmorprozesses bindet das Kollagen nun Wasser und somit auch die darin enthaltenen Aromen.

3. Das Gargut sollte nur zu etwa 1/4 in der Flüssigkeit liegen, denn es soll schließlich nicht gekocht werden.

4. Schmorgemüse am Topfboden sorgt dafür, dass das Fleisch keinen direkten Kontakt zum Metall hat.

5. Eine möglichst gleichmäßige Temperatur unterhalb des Siedepunkt ist wichtig für ein gutes Ergebnis. Dies lässt sich am besten im Backofen bei etwa 95 °C Umluft erreichen.

Als Beispiel für ein klassisches Schmorgericht habe ich ein Ossobuco alla milanese zubereitet. Ossobuco bedeutet übrigens „Knochen mit Loch“. Man muss also das Knochenmark aus dem Röhrenknochen herausdrücken. Dieses Mark kann man dann zum Anbraten der Zwiebeln für die traditionelle Beilage zu diesem Gericht verwenden: ein Risotto alla milanese. Zunächst aber erst einmal das Rezept für die Kalbshaxe (-> hier klicken).